ihm entfliehen. Um ein leidendes Wesen in meiner Umgebung zu trösten .… könnt' ich lügen und trügen, aus lauter Menschenliebe.“
„Ob die meine so weit ginge wage ich nicht zu behaupten,“ sprach Gotthard bedachtsam.
„Das kommt daher, Freund, entgegnete Eustach, weil Sie Sich nicht gewöhnt haben zu handeln, sondern zu reflectiren. Handelten Sie frisch von der Stelle weg, so würden Sie von selbst auf Ihren Lippen oder in Ihrem Benehmen einen Trost für das Betrübte zu finden wissen, sollte es auch eine kleine unschuldige Lüge sein.“
„Was meint denn die Gräfin zu diesen Prinzipien?“ fragte Gotthard lächelnd.
„Ah, meine Frau! wie können Sie fragen! es versteht sich von selbst daß sie meiner Meinung nicht ist. Opfer ist der Mittelpunkt in der Existenz des Weibes .… des guten unverdorbenen Weibes! die Männer sind nun einmal Alle! mehr oder weniger Alle!! geborne Egoisten, und man darf ihnen das bei Gott nicht zum Vorwurf machen, denn es geht aus der Natur ihres Verhältnisses zum Weibe hervor. Der Mann ist die Sonne um den sich das Planetensystem der Familie dreht. Er schafft die Familie, er giebt ihr einen Namen, ein Recht, eine Stellung, ein Ansehen. Was die Frau gilt, gilt sie nur durch
Ida von Hahn-Hahn: Zwei Frauen. Zweiter Band. Berlin 1845, Seite 56. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Zwei_Frauen_(Hahn-Hahn)_v_2.djvu/057&oldid=- (Version vom 31.7.2018)