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Eigenthümlichkeit – genug, sie sind so beschaffen, daß die Aufrichtigkeit sie anekelt, und darum müssen sie mit den Empfindungen und Verhältnissen ein frevelndes Spiel treiben, die uns Andern heilig sind.“

„Cornelie! rief Eustach zornig, Du bist von einer Härte gegen mich, die aus dem Bewußtsein Deiner Tugend entspringt, und daher doppelt verletzend ist.“

„Meine Tugend? entgegnete sie achselzuckend; lieber Eustach, meine Tugend, in dem Sinn den Du dem Ausdruck beilegst, schlag' ich sehr niedrig an. Wo keine Versuchung war, kann sie sich nicht bewähren, und Du weißt wol, daß ich nie einen andern Mann geliebt habe als Dich – woher hätte mir also die Versuchung kommen sollen?“

So wie Cornelie ein Wort äußerte, das sich auf ihre Liebe zu ihm bezog – oder wenn ihr Auge feucht wurde – oder wenn ihre Stimme zitterte – immer meinte Eustach jezt würde die Rührung sie überwältigen; aber nein! Da rief er eines Tages:

„Meine Geduld ist erschöpft! ich will nicht in dieser Weise mit der eigensinnigsten, der launenhaftesten, der unweiblichsten aller Frauen leben! möge diese Scheinehe gelöst werden! .… möge daraus entstehen was da wolle, mir ist's einerlei. Dringst Du mir eine unwillkommne Freiheit auf, so will ich wenigstens ganz frei sein.“

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Ida von Hahn-Hahn: Zwei Frauen. Zweiter Band. Berlin 1845, Seite 95. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Zwei_Frauen_(Hahn-Hahn)_v_2.djvu/096&oldid=- (Version vom 31.7.2018)