stand mitten in einem deutschen Weihnachtsabend. Der Christbaum brannte auf dem Tisch in der Mitte des Zimmers. Der Duft des harzigen Tannenbäumchens, der kleinen Wachskerzen, des Zuckerwerks, erfüllte das Gemach mit festlichem Wolgeruch. Spielsachen und bunte Bilder wie ein Kind sie liebt, waren auf dem Tisch ausgebreitet. Cornelie stand vor demselben mit Tristan auf dem Arm, der so besser die Herrlichkeiten übersehen konnte und mit der stridenten Stimme seines Alters seinen Jubel aussprach.
„Grüß Gott! grüß Gott! rief Cornelie, so wie der Fürst in der Thür erschien, das ist brav, daß Sie mich auch hier einmal besuchen. Ich hab' es immer schon erwartet.“
Sie gab ihm die Hand mit ihrem bezaubernden Lächeln, das aus innerer Freude und Freundlichkeit hervorging und daher das erquickende Gepräge wahrer Herzlichkeit trug. Gotthard aber konnte nur schweigend ihre Hand an sein Herz drücken; ihm vergingen Gedanken, Stimme, Worte. Ihm war zu Muth wie noch nie. Er begriff daß man Freudenthränen weinen könne und er fand es doch unendlich ridicül eine sentimentale Szene zu machen.
Cornelie sah ihm tief in die feuchten Augen, legte beschwichtigend die Hand auf seine Schulter und sagte liebreich:
Ida von Hahn-Hahn: Zwei Frauen. Zweiter Band. Berlin 1845, Seite 128. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Zwei_Frauen_(Hahn-Hahn)_v_2.djvu/129&oldid=- (Version vom 31.7.2018)