„Sehen Sie her welch eine neue Bekanntschaft Sie bei mir zu machen
haben, lieber Fürst! dies ist ja mein Tristan, bei dem Sie damals eine Pathenstelle übernahmen .… so klein war er! und jezt schon so groß. Am Neujahrstag wird er drei Jahr.“
Diese ruhigen Worte brachten Gotthard zur Besinnung. Er schöpfte Athem und rief:
„Gott sei gelobt! Sie sind da .… ich habe Sie gefunden .… und wie gefunden! wie immer – in einer Glorie .… Tochter des Lichts, die Sie sind! Dafür sei Gott gedankt, denn daß ich Sie finden würde, auf oder über der Erde, dessen war ich ja gewiß! – Und nun, Bübchen, komm her und laß Dich anschauen ob Du aussiehst wie die Mama.“
Mit diesen Worten nahm er Tristan auf den Arm, betrachtete ihn so aufmerksam und ernst daß der Knabe ihn ganz scheu und blöde anstarrte, und sagte endlich indem er ihn auf den Boden stellte:
„Nein! das Bübchen gefällt mir nicht! es sieht frappant aus wie – nicht seine Mutter.“
„Sie werden es mit der Zeit schon lieb gewinnen,“ sagte Cornelie lächelnd, aber mit einem wehmüthigen Blick auf Tristan, der so klein er war doch schon seinem Vater dermaßen glich, wie eine Copie in Miniatüre einem Oelgemälde. „Aufrichtig
Ida von Hahn-Hahn: Zwei Frauen. Zweiter Band. Berlin 1845, Seite 129. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Zwei_Frauen_(Hahn-Hahn)_v_2.djvu/130&oldid=- (Version vom 31.7.2018)