vermissen, ewig entbehren, ewig ersehnen – und nie! nie! nie! Dich wiedersehen.“
Er schloß das Billet und ließ es auf dem Schreibtisch liegen, ging zu seiner Schwester, drückte ihr die Hand und rief indem er fortstürmte:
„Lebewol! ich reise heim.“
Er that es auf der Stelle. – Cornelie kam erst gegen Abend zum Vorschein, schwankend und wie gebrochen. Als sie Leonors Billet fand ging ein Freudenstern in ihrem nachtumwölkten Auge auf. Sie schnitt seine Zeilen aus dem Blatt heraus, rollte sie zusammen, und verwahrte sie in einem dicken goldnen Armband das sie immer trug. Es war das einzige sichtbare Andenken, welches sie von ihm besaß. Dann rief sie ihren Sohn, nahm ihn auf den Schooß, herzte und liebkoste ihn mit heißen Thränen, und seufzte leise:
„Tristan! Du kostest mich viel. Möge Dein Name sich nur auf Deine Mutter und nicht auf Dich beziehen!“
Tristan aber, als er seine Mutter so herzbrechend weinen sah, that was sie oftmals gegen ihn gethan; er drohte ernsthaft aber freundlich mit seinem Fingerchen, und sagte:
„Mama! Mama! mußt nicht unartig sein .… mußt nicht weinen!“
Ida von Hahn-Hahn: Zwei Frauen. Zweiter Band. Berlin 1845, Seite 202. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Zwei_Frauen_(Hahn-Hahn)_v_2.djvu/203&oldid=- (Version vom 31.7.2018)