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und brav – auch wie immer! nur so entsetzlich überspannt, meine Mieze, wie Du doch sonst nicht warst. Glaube Du mir, das thun die Choräle, die Dir immer in den Ohren klingen! – Ich kann's nicht aushalten! Ich gehe alle Sonntag in die Kirche des guten Beispiels wegen und weil ich mich gewöhnt habe mich am öffentlichen Gottesdienst zu erbauen; und im Herbst gehe ich alljährlich zum Abendmal .… und damit Holla. Das ist genug für einen Christenmenschen. Wir haben einen sehr guten christlichen Hausstand gehabt ehe Deine Orgel und Deine Choräle und Deine Bibelerklärungen an der Tagesordnung waren, und daher kommt mir das Alles entsetzlich überflüssig vor.“

„Einen christlichen Hausstand hätten wir gehabt? fragte Aurora wehmüthig, und wir dachten nicht an Christus, wir sprachen nicht von Ihm, wir sehnten uns nicht nach Ihm, wir suchten nicht die Vereinigung mit Ihm, wir lebten gleichgültig gegen Ihn und uneingedenk Seiner Gnade in weltlicher Befangenheit dahin. Wir fühlten uns nicht von der Last unsrer Sünden so zermartert und geängstigt, daß wir uns zum Kreuz drängten, es umklammerten in tödtlicher Seelenfolter und vom Blut des Lammes Gottes uns überrieseln ließen, dessen Wunden die Zuflucht der Sünder sind.“

Empfohlene Zitierweise:
Ida von Hahn-Hahn: Zwei Frauen. Zweiter Band. Berlin 1845, Seite 206. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Zwei_Frauen_(Hahn-Hahn)_v_2.djvu/207&oldid=- (Version vom 31.7.2018)