Der Kutscher war natürlich Karl Müller, der Sohn des Schusters schräg gegenüber, der einen Kutschstall angelegt hatte und trotz seines schustermäßigen, wilden Bartgekräusels und seiner schwärzlichen Hände stramm und steil auf dem Bocke saß und mit den Zügeln ebenso ordentlich umzugehen wußte, wie mit Ahle und Pechdraht.
Auf den diesjährigen Ausflug freuten sich nicht nur die Zwillingspaare, sondern auch Herr Tewes, der sich an jeder Abwechslung ergötzte und nur gegen zu weite Fußtouren sich verwahrte, die er „als simpler Dischlerjeselle dicke jenug jekriegt hatte“. Seinetwegen war die Abfahrtsstunde erst auf sieben Uhr morgens festgesetzt worden, er kam ja vom Hühnerposten herein. Mit kunstreichem Peitschenknallen saß der haarige Schusterkarl schon auf dem Stuhlwagen, als Tewes atemlos heraneilte.
„Zwei Schinken sitzen all binnen“, sagte er mit vertraulichem Grinsen, „aber sie, was sie is“, er wies mit dem schwarzen Daumen über die Schulter ins Fenster, „sie is noch beim Kaffee.“
Da traten schon die vier Geschwister heraus, strahlend vor Vergnügen über das schöne Wetter und in ungewohntem Putz. Auf Hannchens gelbem Strohhut blühten eine Hand voll Kamillen, und der luftige weiße Schal um die Schultern ließ sie ganz bräutlich erscheinen. Doch sah sie etwas betreten auf Herrn
Ilse Frapan-Akunian: Zwischen Elbe und Alster. Verlag von Gebrüder Paetel, Berlin, Leipzig 1908, Seite 45. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Zwischen_Elbe_und_Alster_Frapan_Ilse.djvu/045&oldid=- (Version vom 31.7.2018)