Tewes’ hellfarbige Person, denn er hatte dem Tage zu Ehren die Trauer abgelegt und einen hohen grauen Hut aufgesetzt, der im Verein mit der weißen Krawatte seine gesunde Wangenblüte erhöhte. Sogar ein leichtfertiges Spazierstöckchen schwang er in den Händen, denn er hatte sich auf den heutigen Tag die vollständige Bezauberung der kühlen Braut vorgesetzt. Er sprang mit Jugendfeuer in den Wagen, schlug auf die Ledersitze, guckte zu allen Fenstern hinaus und setzte sich, als Hannchen Platz genommen, hart neben sie, freilich ohne auf seine Scherze viel Antwort zu erhalten. Denn gegenüber saß Johann, und mit Verdruß bemerkte Tewes, daß es ihr augenscheinlich bequemer sei, geradeaus zu sprechen; er nahm sich für den Rückzug also das Vis-à-vis in Aussicht.
Die trockenen, reinlichen Straßen waren ziemlich stille; der erste Strom der Vergnügler hatte sich schon vor die Tore begeben. Es ging über Altona ans Elbufer. Die Sonne funkelte blendend auf dem Zifferblatte der großen Uhr am Michaelisturm, und auf der freien, schwindelnden Wendeltreppe hoch oben kletterte, deutlich erkennbar, eine Gestalt mit flatternden Rockschößen empor. Das gab nun zu reden von der weiten Schau dort oben auf die geliebte Vaterstadt mit den roten Dächern gleich einer ungezählten Herde, auf das Schiffsgewimmel im Hafen
Ilse Frapan-Akunian: Zwischen Elbe und Alster. Verlag von Gebrüder Paetel, Berlin, Leipzig 1908, Seite 46. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Zwischen_Elbe_und_Alster_Frapan_Ilse.djvu/046&oldid=- (Version vom 31.7.2018)