Nur das Brosämle selbst fand keinen Schaden dabei.
Es mußte heut ein Fröschchen- und morgen ein Rätzchenkleid anziehen und übermorgen gar im Hemdchen hinter dem Kinderzuge herhinken, wenn „Der Rattenfänger von Hameln“ gespielt wurde; bald war es Falstaffs winziger Page, bald das Jüngste aus des Tischlers zahlreicher Familie im „Verschwender“, und immer zeigte es sich willig, verständig und hell, weit über seine Jahre. Die große, staubige, kalte Bühne mit ihren unheimlichen Versenkungslöchern und ihren geheimnisvollen Maschinerien erschreckte es nicht mehr, so unermeßlich weit und ungeheuerlich sie ihm auch vorkam. Es bewegte sich in dem phantastischen Raum mit der Gewandtheit einer dort geborenen Maus, ja es machte sogar ganz wie eine solche Männchen vor versammeltem Publikum, warf Kußhändchen, die nicht in seiner Rolle standen, lachte sein unbefangenes Kinderlachen in das Parkett hinunter und errang sich zuweilen einen lauten Applaus, von dem es nichts verstand und der es doch zu einem zweiten, zierlichen Knix neben dem Souffleurkasten veranlaßte. Denn zierlich knixte es, trotz seiner leider ein klein bißchen krummen Beinchen, über die es manche Bemerkung zu hören bekam. Aber es verstand zu antworten.
„Deine Rolle kannst du wohl,“ sagte der Theaterdiener
Ilse Frapan-Akunian: Zwischen Elbe und Alster. Verlag von Gebrüder Paetel, Berlin, Leipzig 1908, Seite 70. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Zwischen_Elbe_und_Alster_Frapan_Ilse.djvu/070&oldid=- (Version vom 31.7.2018)