nach der „Aschenbrödel“-Probe, „aber ’s ist nur schad, daß du die krummen Beinchen hast.“
„Gerade gut ist’s,“ erwiderte eifrig das Brosämle, „da kann i recht so abwatschele, wie sich’s für e Ratt gehört.“
Alles lachte, und die Kleine nickte vergnügt dazu.
„Komm her,“ sagte die Naive, die Darstellerin des Aschenbrödels, „ich gebe dir ein Stück Zucker, du Kätzchen, du braves.“
„I eß kei Zucker,“ erwiderte das Brosämle kopfschüttelnd, – „was kann au i dafür, daß i im Bäregäßle gebore bin?“
Das Bärengäßle war das ärmste Gäßchen ihrer süddeutschen Vaterstadt, und in das Gelächter über die Bemerkung des Kindes mischte sich wieder die Empfindung, welche die Verständigeren zu einer Liebkosung, zu dem Ausruf: „Schade drum!“ antrieb.
„Die Mutter ist Tänzerin gewesen, nicht wahr?“ flüsterte eine der Schauspielerinnen.
„Gewesen! Ja, das ist das rechte Wort dafür, eine gefeierte!“
„Am meisten von unserm Direktor gefeiert Haha!“
„Böse Zunge! Böses Maul! Und jetzt?“
„Sie ist brustkrank, glaube ich.“
„Ach,“ seufzte die ältliche, gutherzige Naive, „da, du kleine Maus“, und sie steckte dem verwundert zuhorchenden
Ilse Frapan-Akunian: Zwischen Elbe und Alster. Verlag von Gebrüder Paetel, Berlin, Leipzig 1908, Seite 71. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Zwischen_Elbe_und_Alster_Frapan_Ilse.djvu/071&oldid=- (Version vom 31.7.2018)