Sommertheater; auch die tragische Nebenbuhlerin war dabei, und so bekam Steffi keine Aufforderung zum Mitziehen. Sie mußte sich in Gottesnamen dran machen, ihre Rechnungen zu bezahlen und ihre Garderobe zu packen, zur Rückreise nach Wien.
Ach, diese Garderobe! Sie brannte ihr in den Händen, wie sie sie traurig aus den Schränken nahm und zusammenfaltete. Sie hatte kaum etwas davon getragen! Und die alte Großmutter in Wien, die einzige Angehörige, die ihr noch lebte, hatte doch all das bißchen ersparte Geld dafür vertan, das ihr der kleine Handel mit Nadeln und Band eingebracht hatte. Sie hoffte auf die Enkelin wie auf ein schönes wohlbestelltes Saatfeld, und wog geduldig ihre Baumwollensträhnchen, bis die Steffi berühmt und reich wiederkomme und sie für alle Einsamkeit und Herzensunruhe entschädige.
Gut, daß die arme, alte Frau ihren Liebling nicht sehen konnte in dieser Nacht. Steffi packte ihre Koffer und Körbe und weinte dabei. Die Hauswirtin war zu Bett gegangen, nachdem sie ihr bis zwölf Uhr geholfen, unter allerlei ermüdenden Vorstellungen und Ermahnungen, die sie lachend oder trotzig angehört hatte. Nun war sie allein und aller Trotz gewichen. –
Das niedere Zimmer war von den drei Lampen, die brennend umherstanden, taghell und heiß, trotz der offenen Fenster. Sie rannte hin und her, vergaß,
Ilse Frapan-Akunian: Zwischen Elbe und Alster. Verlag von Gebrüder Paetel, Berlin, Leipzig 1908, Seite 87. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Zwischen_Elbe_und_Alster_Frapan_Ilse.djvu/087&oldid=- (Version vom 31.7.2018)