wie soll ich nun heimgehen! ich wollt, ich wär nimmer da! ich wollt, ich wär tot!“
Da kam unten ein Schritt heran, leicht, aber straff, militärisch. Sie hob mechanisch den Kopf: es schien dicht am Haus vorüberzugehen, dann umzukehren. Es wird der Schutzmann sein, dachte sie, und legte den Kopf wieder auf die Arme. Da, der Schritt kam noch einmal vorüber, und noch einmal, langsamer, zögernder; ein Säbel klirrte leicht, dann war’s wieder still. Nun ward doch die Neugier wach; sie streckte den Kopf hinaus und gewahrte eine schlanke Gestalt, die unverwandt, wie es schien, zu ihren Fenstern emporstarrte. Sie konnte das Gesicht nicht erkennen; denn es war im Zimmer noch heller als im Mondschein draußen. Er aber schien sie jetzt plötzlich zu erblicken, denn auf einmal räusperte er sich, und dann rief eine jugendhelle, schüchterne und zugleich begeisterte Stimme herauf:
„Leben Sie wohl, mein Fräulein, ich habe Sie sehr geliebt!“
Und dann, wie im Schrecken über seine eigene Kühnheit, lief der Sprecher im Sturmschritt hinweg, daß der Säbel noch lange straßab rasselte.
Hochauf jauchzte die ferne Nachtigall.
Steffi aber rieb sich die verweinten Augen, – dann riß sie sie auf, wie ein Kind, dem man Angst gemacht hat: „du kriegst nichts zu Weihnachten!“ und
Ilse Frapan-Akunian: Zwischen Elbe und Alster. Verlag von Gebrüder Paetel, Berlin, Leipzig 1908, Seite 89. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Zwischen_Elbe_und_Alster_Frapan_Ilse.djvu/089&oldid=- (Version vom 31.7.2018)