Sie sieht nicht eben hübsch aus mit ihren geraden roten Mauern, den schmutzigen Treppenstufen und der breiten Haustür, deren Flügel immer halb offen stehen! Diese Flügel, von denen viele kleine Hände und derbe Rücken die dunkelgraue Farbe abgewischt haben, so daß auf dem hellen verschabten Rande die geistreiche Inschrift in zollangen Buchstaben angebracht werden konnte: „wer das list is ein esell.“ An der Tür der Volksschule! Ja man verfügt nicht umsonst über eine eigene Bleifeder; solch ein Besitz erstickt alle Ehrfurcht; mit ihm beschmiert man sogar den Eingang zu Räumen, wo Einem Nachsitzen und andre Höllenstrafen zudiktiert werden können. Es kommt ja fast nie heraus, wer es getan hat.
Drinnen ist es auch nicht viel hübscher. Die großen langweiligen, viereckigen, getünchten Klassenzimmer, hell und kalt am Fenster, heiß und dunkel am Ofen, die engen Schulbänke, auf denen die Jungen sitzen wie in den Block geklemmt zwischen Rückenlehne und Tischklappen, die Füße auf den Trittleisten, das geradbeinige, gelb angestrichene Pult mit
Ilse Frapan-Akunian: Zwischen Elbe und Alster. Verlag von Gebrüder Paetel, Berlin, Leipzig 1908, Seite 107. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Zwischen_Elbe_und_Alster_Frapan_Ilse.djvu/107&oldid=- (Version vom 31.7.2018)