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dem großen eingelassenen Tintenfaß, an der Wand die schwarze Tafel, und vor derselben, mit der Kreide in der Hand, die Lehrerin, die anschreibt, wer zu spät gekommen. Sie könnte hübsch sein, diese kleine Lehrerin mit der glänzenden braunen Flechtenkrone, wenn sie nicht so blaß wäre und so dunkle Ringe um die grauen Augen hätte. Mit sechzig solcher Burschen fertig zu werden, das gehört nicht zu den stärkenden Beschäftigungen. Vielleicht würde sie nicht mit ihnen fertig, wenn sie nicht noch so jung, so kindlich lachen könnte. Es gibt hier aber doch auch manche Gelegenheit dazu, und jetzt eben verbeißt sie es sich mit Mühe, denn der zur Tür hereinkommt, eine halbe Stunde nach dem Läuten, ist Thedche Bolzen! und er hat schon draußen auf dem Vorplatz gebrüllt, als solle er geschlachtet werden, und er brüllt noch immer und tritt brüllend und mit erhobenem Zeigefinger der rechten Hand an die schwarze Tafel. Da braucht man nicht mehr strenge zu sein, da kann man mit seiner natürlichen Stimme sagen: (und Fräulein Friedas Stimme ist sanft und freundlich) „Sei nur still, Theodor, geh nur zu Platz, ich weiß ja, du kommst sonst nie zu spät; wie ist das denn heute passiert?“

„Mein Papa“ – schluchzt der Junge, „mein Papa will sich immer gerade waschen, wenn ich mir waschen will –“

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Ilse Frapan-Akunian: Zwischen Elbe und Alster. Verlag von Gebrüder Paetel, Berlin, Leipzig 1908, Seite 108. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Zwischen_Elbe_und_Alster_Frapan_Ilse.djvu/108&oldid=- (Version vom 31.7.2018)