mußten sie einen Tannenbaum haben und Körbchen daran von rosa und weißem Seidenpapier, und hinter den Spiegel mußten Tannenzweige gesteckt werden; und ein Rezept für braune Kuchen von ihrer Großmutter her war auch noch da; die Wirtin erlaubte schon, daß man sich hie und da ihrer Küche bediente.
Sie saßen beieinander auf dem kleinen knochigen Sofa und besprachen diese Dinge, während sie Nüsse vergoldeten. Die Nüsse gehörten zu der Weihnachtskiste für Karolinens Eltern und Geschwister, bei denen sie die Sommerferien verbracht hatten.
„Wär es man erst wieder Sommer, nicht Frieda?“ sagte Karoline.
„Sollst seh’n, dies Jahr kommst du nicht nach Pelworm,“ meinte Frieda mit Betonung.
„Warum denn das nicht?“
„Weil Er dich nicht wegläßt!“
„Wer er? ach Frieda, du bist komisch!“ und Karoline roch an ihrer Nuß, so daß ihre Nasenspitze auch ganz vergoldet wurde, dann sagte sie:
„Du Frieda, neulich hab ich bei ihm hospitiert, das heißt, ich saß im Konferenzzimmer neben seiner Klasse, aber er hat mich nicht gesehen, obgleich die Tür offen war.“
„Wieder so schön?“ fragte die Freundin gespannt. Karoline schlug die Augen zur Decke empor.
Ilse Frapan-Akunian: Zwischen Elbe und Alster. Verlag von Gebrüder Paetel, Berlin, Leipzig 1908, Seite 120. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Zwischen_Elbe_und_Alster_Frapan_Ilse.djvu/120&oldid=- (Version vom 31.7.2018)