„Ich sah Ihren Weihnachtsbaum brennen, Fräulein, und da hab ich mir erlaubt – es ist allerdings schon etwas spät“ – stotterte er, an der Tür stehen bleibend, – „verzeihen Sie, aber meine Brille ist derartig beschlagen“ – Er stellte den Hut auf die Erde, legte den Strauß darauf, nahm die Brille ab, ging dann in dem Gefühl, daß er sich lächerlich mache, einige Schritte vorwärts, stammelte: „Wenn ich vielleicht dies mit zur Verherrlichung Ihres allerliebsten Weihnachtstisches“ – – und legte die Brille auf den Tisch. Dann ging er zu seinem Hut zurück, sah mit äußerstem Erstaunen den Strauß noch darauf liegen und überreichte ihn mit einer schnellen Eingebung Fräulein Karoline, die rot übergossen dastand und vor Verlegenheit nicht einmal gelächelt hatte. Während sie sich so gegenüber standen, tastete er mit der Hand auf dem Tische umher nach seiner Brille und fühlte sie sich zugeschoben. Hastig setzte er sie auf und erblickte auf dem Sofa Fräulein Frieda und das schlafende Kind. Das Eis war gebrochen.
„Thedche Bolzen,“ rief er im ungezwungenen Ton heiterster Überraschung. Nun hatte er auch auf einmal einen Stuhl, und die beiden Kolleginnen ihm gegenüber fanden gleichfalls Worte, und daß die Unterhaltung mit Rücksicht auf den schlafenden Kleinen in etwas gedämpften Tönen geführt werden mußte, gab
Ilse Frapan-Akunian: Zwischen Elbe und Alster. Verlag von Gebrüder Paetel, Berlin, Leipzig 1908, Seite 130. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Zwischen_Elbe_und_Alster_Frapan_Ilse.djvu/130&oldid=- (Version vom 31.7.2018)