– auf dem Vorplatz wurden Stiefel gewichst, und die Treppen hinunter klapperten geschäftige Holzpantoffeln.
„Wir haben die Zeit verschlafen,“ dachte Gesa erschreckend; da kam ihr Mann mit einem Lichte wieder zur Tür herein. Die Frau, von der sie das Zimmer abgemietet hatten, folgte mit einer Totenvogelmiene und einem Lappen alter Leinwand.
„Ji ward mi noch dat Hus ansteecken, dat segg ick,“ knarrte sie, während sie sich kopfschüttelnd, aber hilfsbereit über den klaffenden Riß an der weichen Sohle hermachte.
„Au! au!“ machte die Verwundete bei jeder Berührung und zog endlich den Fuß ganz zurück.
Über die harten Züge der Alten stahl sich ein Lächeln, das fast wie Weinen aussah.
„Min goode Deern,“ sagte sie, „du weetst noch nicht, wat de Minsch uthollen kann. Warr man erst so olt as ick, denn büst du ’t gewennt.“
Erschrocken sah das junge Weib auf die trüben, triefenden Augen, den zahnlosen Mund und den wollenumwickelten Kopf der Alten.
„So olt ward ick nich,“ erwiderte sie zuversichtlich.
„Wer nich olt warden will, de mut sick jung ophangen, du Kiekindewelt!“ sagte die Frau hart; „giw din Fot man wedder her.“
Ilse Frapan-Akunian: Zwischen Elbe und Alster. Verlag von Gebrüder Paetel, Berlin, Leipzig 1908, Seite 210. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Zwischen_Elbe_und_Alster_Frapan_Ilse.djvu/210&oldid=- (Version vom 31.7.2018)