herunter hatte, ward er stiller und schloß die Augen. Gesa hörte ihn noch ein paarmal stöhnen, dann fiel sie in schweren, festen Schlaf. – –
Als sie wieder erwachte, brannte Licht im Zimmer; im Schein der kleinen Küchenlampe sah sie ihren Mann angekleidet am Tisch sitzen und einen Brief lesen. Er schien gesund zu sein.
„Hein, was machst du da?“ rief sie, sich aufstemmend; „was is denn die Uhr?“
Der Mann drehte sich schnell nach dem Bette hin; dabei fegte er mit dem Ellbogen die Lampe vom Tisch, die auf dem Boden zersplitterte, während der Docht noch fortschwelte.
„Wart, wart! ich helf dir, Hein,“ rief Gesa dem verdutzt Dastehenden zu; sie sprang aus dem Bette, fuhr in einen Schuh und trat die qualmende Schnuppe aus, schrie aber sogleich auf: „Mein Fuß! ich hab ’nen Splitter im Fuß.“
Der erste graue Morgenschimmer fiel durch die zwei kleinen Fenster mit ihren kurzen Vorhängen und zeigte die Umrisse der vielen Gegenstände in der engen Kammer, den Kochofen, den Schrank und das große Bett, auf dem das junge Weib saß und den nackten Fuß mit beiden Händen hielt. – Draußen war es schon lebhaft. Die Hamburger Lerche, der Kummerwagenmann, sang seinen melancholischen Weckruf in den schlaftrunkenen Wintermorgen hinein
Ilse Frapan-Akunian: Zwischen Elbe und Alster. Verlag von Gebrüder Paetel, Berlin, Leipzig 1908, Seite 209. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Zwischen_Elbe_und_Alster_Frapan_Ilse.djvu/209&oldid=- (Version vom 31.7.2018)