Zeit nun auch schon verstrichen war, er durchsuchte jeden Torweg, jeden Hauseingang. Sein Herz war wie ein Gefäß, das springen oder überlaufen mußte vor ohnmächtigem Haß.
Als er endlich nach Hause kam, war Gesa beleidigt.
„Warum bist denn wieder weggerannt,“ sagte sie ärgerlich; „das Abendbrot is all lang fertig.“
Er gab keine Antwort und setzte sich schaudernd und zähneklappernd in eine Ecke.
„Wat hest du blot, Hein? Du bewerst ja so?“ sagte sie freundlicher.
„De Dod löppt öwer min Graf, Gesch,“ sagte er dumpf; „dat gütt mi bald kolt, bald heet dörch de Knaken – de Dod löppt öwer min Graf.“ –
Die ganze Nacht lag er so, schlaflos, zusammenschauernd und manchmal leise stöhnend in seinem Bette.
Gesa wachte davon auf.
„Du kriegst ’n fixen Snuppen,“ sagte sie, sich die Augen reibend.
„Ja, ja, ’n Snuppen,“ wiederholte er; „slap du man, Gesch.“
„Nee, Hein, ick mak di ’n Tass Tee; ick stah op; du büst ja as ’n Isklumpen.“
Sie war gleich aus dem Bett und zündete Licht an; es war halb drei. Als er den heißen Fliedertrank
Ilse Frapan-Akunian: Zwischen Elbe und Alster. Verlag von Gebrüder Paetel, Berlin, Leipzig 1908, Seite 208. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Zwischen_Elbe_und_Alster_Frapan_Ilse.djvu/208&oldid=- (Version vom 31.7.2018)