wohl auch soviel an den verschwundenen Maschinenmeister denke. –
Ja, das tat er, aber anders als sie vermutete.
Er hatte dem Prinzipal sein Handkofferchen auf den Venlooer Bahnhof getragen und war dann mit schnellen Schritten nach der Ferdinandstraße gegangen, hatte in dem Dielenstübchen Feuer und die Lampe angezündet und sich nun auf den niedrigen Strohstuhl gesetzt, der unter seiner Last aufstöhnte. Er hatte freilich ein andres Gewicht, als die dürre verschrumpfte Einhüterin Niederlitz, die sonst auf dem Stuhl saß, wenn die Familie verreist war.
Bei jeder Bewegung ächzte und wimmerte der alte Stuhl, als wolle er den Mann abwerfen. Dem ward es endlich zu viel. Er stand auf und setzte sich auf einen Holzstuhl mit steifer Lehne, langte seine sandgraue Mütze her und drehte sie in den Händen, wohl eine halbe Stunde lang. Wenn es seiner Frau, die zu dieser Zeit draußen stand, geglückt wäre, hineinzusehen, sie hätte vielleicht gelächelt statt zu weinen, so schläfrig-unbedenklich sah die Gebärde aus. Zuletzt entfiel ihm die Mütze; sein Kopf senkte sich auf die Brust; er tat ein paar schwere Atemzüge, wie einer, der das Schlafen erst einmal probieren will, und dann immer ruhigere, tiefere, als müsse er sich satt trinken nach langem
Ilse Frapan-Akunian: Zwischen Elbe und Alster. Verlag von Gebrüder Paetel, Berlin, Leipzig 1908, Seite 226. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Zwischen_Elbe_und_Alster_Frapan_Ilse.djvu/226&oldid=- (Version vom 31.7.2018)