jetzt vor ihnen verdeckten Fischerboote zu, pflügten sich die Ruderer vorwärts. Die genaue Kenntnis des Wassers leitete sie. Und mitten in diesem Kampf, in dieser Anspannung aller Kräfte erblickte der Flüchtende plötzlich wie in einem Rahmen eine Gestalt, die auf ihn zugeschritten kam. Fern war sie, ganz fern; dennoch erkannte er das blonde Haar und die kleinen Schritte und sah ihre Röcke flattern im Sturm. Sie ging langsam, immer langsamer, einen öden Weg. Ihre tränenroten Augen hefteten sich in seine, nicht vorwurfsvoll, aber so hilflos, so verzweifelt. Er konnte den Blick nicht ertragen, er hob das Ruder zur Abwehr. Die Gestalt zerrann, als ein Schrei, messerscharf, den Lärm des Sturmes durchschnitt. Das Boot war erreicht, sie waren zur Stelle. Es füllte sich zusehends mit Wasser, an der zweiten Segelstange hing der halbtote Junge und schrie. Keine Möglichkeit, ihn dort weg zu bringen, durch Zeichen oder Zurufe; er mußte geholt werden. Sie brachten ihre Jolle endlich Seite an Seite mit dem andern Boot. Der alte Fischer stieg hinüber, riß die verkrampften Hände los und hielt den Knaben an sich. Klefecker ließ den Bord des andern Schiffes fahren, an dem er sich aufgerichtet hatte und stand mit gespreizten Beinen, ohne Wank, wie wütend ihm auch das zerrissene Segel ins Gesicht peitschte, bis er den Geretteten aufgefangen und auf den Boden
Ilse Frapan-Akunian: Zwischen Elbe und Alster. Verlag von Gebrüder Paetel, Berlin, Leipzig 1908, Seite 255. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Zwischen_Elbe_und_Alster_Frapan_Ilse.djvu/255&oldid=- (Version vom 31.7.2018)