Seite:Denkwürdigkeiten einer deutschen Erzieherin in Belgien, England, Spanien, Portugal, Polen und Deutschland.pdf/102

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und das Gelüste der Franzen nach diesem deutschen Juwel, dem grünen Diamanten in Germaniens Krone, mußte jeden deutschen Mann zum Kampfe herausfordern. – Von Mainz aus wird die Gegend immer flacher und uninteressanter, jedoch labt sie das Auge durch ihre Fruchtbarkeit und Freundlichkeit, und die unzähligen Wagen voll Reisender, die Alle das herrliche deutsche Rheinland zu sehen kamen, erfüllte mein Herz mit stolzer Freude. – Da Miß M. dem Postillon für jede Station zwei Thaler Trinkgeld geben ließ, so glaubte jeder seinen Eifer durch möglichst schnelles Fahren bethätigen zu müssen, was zu einem lächerlichen Mißverständnisse Veranlassung gab. Einer der Postillone nämlich wendete sich an Frau H. mit der Frage, welche von den beiden Damen eigentlich auskratze? Wir waren darüber sehr belustigt und fragten ihn, was ihn zu seiner Vermuthung Anlaß gegeben habe? worauf er erwiederte, er habe schon mehrere englische Damen gefahren, die ihren Männern entlaufen seien, und erst kürzlich eine, welcher der Mann auf dem Fuße gefolgt sei; da wir nun so honett zahlten, habe er uns auch für „Ausreißer“ gehalten.

Auf allen Feldern längst der Landstraße war man mit der Ernte beschäftigt, und Fräulein M. bemerkte, daß das Volk in Deutschland sich weit fröhlicher als in England zeige, was von allen Reisenden bestätigt wird. Der deutlichste Beweis von der Gemüthlichkeit des deutschen Volkes.




Dreizehntes Kapitel.




Es war ein überirdischer Abend; die untergehende Sonne schwamm in einem Purpurmeere am westlichen Himmel, während der östliche von dem reizendsten Schleier lustiger weißer Wölkchen bedeckt war. Kaum war die Sonne verschwunden, als der Mond im Osten hinter seinem Blüthenvorhange hervortrat und ein so helles Licht verbreitete, daß man dabei hätte lesen können. Die magische Schönheit dieser Scene stimmte uns Beide zum Denken und Empfinden und Miß M. citirte einige Verse, welche die Wohlthätigkeit des Ernte-Mondes rühmten.

In Frankfurt bezogen wir den römischen Kaiser, wo es uns so