Seite:Denkwürdigkeiten einer deutschen Erzieherin in Belgien, England, Spanien, Portugal, Polen und Deutschland.pdf/118

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um mich mit Ihnen für Ihren Lieblingsdichter zu enthusiasmiren.“

„Auf leichte Worte ziemt sich leichter Dank, sagte ich mit leichter Verbeugung, den Lohn trägt nur die That davon.“

Hiermit entfernte ich mich, um Mistreß C. aufzusuchen, denn ich hatte bemerkt[WS 1], daß Herr R. und seine Mutter mich mit unverkennbarer Mißbilligung betrachteten und daß überhaupt Herrn v. T.’s Aufmerksamkeit gegen mich allgemein aufzufallen schien. Ich hoffte etwas Näheres zu erfahren, fest entschlossen, ihn für immer abzublitzen, falls sich die geringste Ursache dazu herausstellen sollte.

Ich fand Frau C. und Miß Ch. im Spielzimmer auf dem Sopha sitzen, und jene empfing mich mit den Worten: „Wir sprachen eben von Ihnen, Sie haben eine Eroberung an Herrn v. T. gemacht, wozu ich Ihnen von Herzen gratulire.“

Sie reichte mir die Hand und zog mich neben sich nieder.

„Ich bin in der größten Verlegenheit und weiß nicht, was ich von seiner Aufmerksamkeit und ihm selbst halten soll, und komme eigens, Sie zu bitten, mir etwas Näheres über ihn mitzutheilen,“ versetzte ich.

„Oh, er ist ganzer Ehrenmann, antwortete die Majorin, ich habe eben seine Geschichte Frl. Ch. mitgetheilt. Mein Mann lernte ihn 1815 auf der Halbinsel kennen, er ist Portugiese von Geburt und wurde 1828 geheimer Rath Dom Miguels, und als dieser von seinem Bruder verdrängt ward, verbannte man ihn mit vielen anderen Anhängern des Ersteren nach Mozambik. Es gelang ihm jedoch nach einem Jahre nach England zu entfliehen, wo er seitdem von allen, die ihn und seine Verhältnisse kennen, geehrt lebt. Er ist Wittwer, besitzt Vermögen und ist bei einem Großgeschäft betheiligt. Meinen Töchtern ist er zu alt, aber mein Mann pflegte zu sagen, er würde ihm mit Vergnügen eine Tochter zur Gattin geben, und mehr kann ein Vater nicht zu eines Mannes Lobe sagen. Uebrigens hat er noch ein sehr großes Vermögen von seiner ältesten Schwester zu hoffen, dabei besitzt er so viel Herz und Geist, daß er gewiß eine verständige Frau recht glücklich machen würde. Ich könnte mich nur freuen, wenn Sie das Glück hätten, seine Frau zu werden.“

„Auch mir gefällt er ungemein, stimmte Miß Ch. bei, er ist ein vollkommener Gentleman, und seine Unterhaltung die geistreichste, die ich

Anmerkungen (Wikisource)

  1. in der Vorlage: bemerlt