Seite:Denkwürdigkeiten einer deutschen Erzieherin in Belgien, England, Spanien, Portugal, Polen und Deutschland.pdf/194

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

den gewaltigen Hafen von Cadix einliefen. Vorn die stärksten Festungswerke, im Hintergründe die blauen Kämme von Jerez, und im Osten die wild zerrissene Kette der Sierra de Grazalema, von einem schneegekrönten Kegel überragt – das waren die Hauptpunkte des Bildes.

Cadix, das frühere Gades, verdankt seine Erbauung den Phöniziern. Hier stand einst der berühmte Tempel des Hercules, in welchem Hannibal nach der Einnahme von Saguntum den Römern ewige Rache schwor. Die Römer nahmen sie im zweiten punischen Kriege, und Julius Cäsar nannte sie Gaditana. Cadix war schon unter den Römern ein bedeutender Hafen, es ist auch Geburtsort des Historikers Cornelius Balbus, des Dichters Canius und des Columella, des Vaters der Agricultur. Furchtbare Erdbeben haben die Stadt mehrmals zerstört, und 1596 wurde sie theilweise von den Engländern verbrannt.

Cadix steht auf einer Halbinsel, welche durch einen schmalen Isthmus mit dem Festlande verbunden ist; ein durch eine dreifache Linie vertheidigtes Thor ist der einzige Eingang zu ihm. Zwei gewaltige Forts, das Castillo de Santa Catalina, und das Castillo de San Sebastian, welches auf einem weit in die See hinausspringenden Felsenriffe liegt, dessen äußerste Spitze den schönen Leuchtthurm trägt, beherrschen den Eingang der Bai. Um das Gestade des zwölf Leguas weiten Hafens sieht man eine Menge detachirter Forts und Verschanzungen. Cadix gilt mit Recht für eine der stärksten Festungen Europa’s. Da wir uns einige Zeit hier aufzuhalten gedachten, so mietheten wir uns in einer sehr schön an der Alameda gelegenen Fonda ein, von deren einer Seite wir die Bai, von der anderen die im Schatten von dunkeln Pinienwäldern liegende Stadt Puerta de Santa Maria erblickten. Dahinter beherrschten wir das Panorama der früher genannten Gebirge in seiner Regenbogenpracht.

Eine reizende Frau mit einem Madonnen-Gesicht des Murillo stellte sich uns als Wirthin vor, indem sie fragte, ob sie noch etwas zu unserer Bequemlichkeit beitragen könne. Diese Züge mit dem bezaubernden Lächeln, dem ondulirenden Gang, die Grazie der Bewegungen hatte ich schon irgendwo gesehen, die Silberstimme gehört, und ich stand regungslos, innerlich suchend darnach, was mir diese Erscheinung so intim machte. Ich fragte endlich: „Sennora, kennen Sie vielleicht die Sennora Antonia D.?"

„Gewiß, lautete die Antwort, gewiß kenne ich sie, denn sie ist