Seite:Denkwürdigkeiten einer deutschen Erzieherin in Belgien, England, Spanien, Portugal, Polen und Deutschland.pdf/198

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der letzten Station vor Sevilla ansichtig wurden. Wirklich verdoppeleten diese ihren schon pfeilschnellen Lauf, so daß wir in unglaublich kurzer Zeit vor der einladenden Fonda – Gasthofe – hielten. Hier stiegen wir aus und wurden von einem langen muskeligen Manne empfangen, der sein Cigarro rauchte und sich als Wirth präsentirte. Im Zimmer fanden wir die Wirthin, eine stattliche Frau in mittlerem Alter, und ihre reizende Tochter von höchstens achtzehn Jahren, beschäftigt, Hühnersuppe, Karviol und Reis, Geflügel, Schinken und Gemüse als Mittagsmahl aufzutragen.

Zwei Engländer, welche von Cadix aus unsere Reisegefährten waren, fingen an, der schönen Andalusierin in gebrochenem Spanisch den Hof zu machen, wobei sie lächelnd ihre Perlenzähne zeigte. Ein junger Mann, welcher eben mit einer Jagdflinte über der Schulter und von einem großen Bullenbeißer gefolgt hereintrat, blieb vor ihnen stehen und blickte sie mit einem so vernichtenden Blick an, daß sie eingeschüchtert ihre Aufmerksamkeit den aufgetragenen Comitiven zuwandten. Der junge Spanier begrüßte hierauf die Sennorita, hing sein Gewehr an die Wand und nahm uns gegenüber Platz. Gleich darauf folgte der Wirth diesem Beispiele.

„Sind das Ihre Kinder? Ihre einzigen Kinder?“ fragte einer der Engländer den Wirth, offenbar um zu erfahren, ob der jähzornige Patron der Liebhaber oder Bruder des jungen Mädchens sei.

„Die einzigen!“ erwiederte der Wirth.

Die Engländer fragten hierauf den jungen Mann, ob er ihnen keine eingebornen Vögel verschaffen könne, da er Jäger zu sein scheine.

Der Spanier antwortete kurz und verneinend.

„Können Sie Ihren Bruder nicht bewegen, uns einige Vögel zu verschaffen, schönes Mädchen?“ fragte der eine, indem er sie in die Wangen knipp. Die junge Spanierin wandte ihm beleidigt den Rücken und der Bruder verließ mit den Worten das Zimmer: „Wenn Ihr Wild sucht, so jaget auf Eurem Revier.“

So unverbindlich dieses Betragen auch scheint, so fanden wir es doch nichtsdestoweniger edel, da wir mehrfach gehört hatten, in wie schlechtem Rufe die englischen Abenteuerer wegen ihrer herzlosen Niederträchtigkeit gegen die Frauen stehen. Wahrscheinlich war ihrerseits mehr als ein Angriff auf die Tugend der schönen Wirthstochter geschehen. Als wir gegessen hatten und wieder angespannt war, setzten