Seite:Denkwürdigkeiten einer deutschen Erzieherin in Belgien, England, Spanien, Portugal, Polen und Deutschland.pdf/200

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ein Jahrhundert später ließ sein Nachkomme, Dom Pedro der Grausame, König von Kastilien und Leon, den Palast Alcazar erbauen, der jedoch erst 33 Jahre nach seinem Tode (1402) vollendet ward.

Die Straße war sehr belebt, eine Menge Postwagen und Maulthiertreiber bewegten sich darauf, wie auch andere Fuhrwerke und zahllose Fußgänger, alles trug das Gepräge des Wohlstandes und der Heiterkeit.

Wir stiegen in dem berühmtesten Gasthofe der Stadt ab, den uns in Cadix unsere Wirthin empfohlen hatte, und ich fühlte ein nicht geringes Wohlbehagen, aus dem heißen, gedrängten Coupée in die erfrischende Kühle der Hausflur zu treten. Das Haus war wie alle übrigen in der Straße hoch und die Straße so eng, daß zwei langarmige Menschen sich die Hände darüber hätten reichen können. Die Spanier wählten dieses Mittel zum Schutze gegen die Sonnenstrahlen, wie man uns erzählte, gleich ihren Mänteln. Wir erhielten jedoch sehr schöne, bequem eingerichtete Zimmer, und so bald wir unsere Toiletten etwas geordnet hatten, begaben wir uns an die table d’hôte, wobei sich eine bedeutende Anzahl Gäste einfand. Man sprach hier viel von Politik und, wie es bei der Discussion dieses Thema’s geht, jeder hob die Mängel seines Vaterlandes hervor. Da ein Grand von Spanien über die Enormität der Einkommensteuer klagte, so kam das Gespräch auf die Finanzen und Abgaben, und weil ich der einzige Vertreter Deutschlands war, so gab ich die Kunst der deutschen Polizei zum Besten, womit sie von Einheimischen und Fremden unermeßliches Geld zu erlangen weiß, und zwar nicht allein die Sicherheitspolizei für Pässe, Paßkarten, Aufenthaltskarten, Verhaltscheine, allerlei Erlaubnißscheine, sondern auch die allgemeine Staatspolizei für Taufscheine, Confirmationsscheine, Schultentlaßscheine, Impfscheine, Lehrlingscheine, Gesellenscheine, Heimatscheine, Bürgerscheine, Hausirscheine, Concessionsscheine, Gewerbescheine und allerlei anderweite Scheine. Man fand diese Einrichtung ungemein belustigend und hielt sie anfangs für eine scherzhafte Erfindung meiner Phantasie, weil keine der hier vertretenen Nationalitäten von dieser Polizei-Regierung auch nur einen Begriff hatte. Nach Tische lud unser freundlicher Wirth uns ein, ihm in das Atrium, spanisch Patio, zu folgen, welches ein geräumiger, von Bogengängen, Bäumen und Weinspalieren umgebener Hof ist, mit einer dicken Laubdecke und einem Springbrunnen versehen. Die Wände waren wie Theaterdecorationen