Seite:Denkwürdigkeiten einer deutschen Erzieherin in Belgien, England, Spanien, Portugal, Polen und Deutschland.pdf/201

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gemalt und der Raum wie ein eleganter Salon möblirt. Die Gäste vertheilten sich hier in verschiedene Gruppen, von denen einige umher wandelten, andere sich auf die Sophas lagerten, wieder andere spielten, die meisten aber Kaffee schlürften.

Abends gingen wir durch die Alameda, eine schöne Anlage nach dem Theater, und hatten hier Gelegenheit, dieses höchst interessante Volk einigermaßen zu beobachten. Die Damen waren alle schwarz gekleidet und trugen Mantillen, einige von Seidenstoff, andere von Spitzen. Die Mantille ist ein mehr langes als viereckiges Tuch, welches hinten die Taille bedeckt und vorn mit der Hand festgehalten wird, womit man aber auch nach Belieben das Gesicht bedecken kann. Der Fächer ist ferner der Spanierin zum Ausdrücken ihrer Gemüthsbewegungen eben so unentbehrlich, wie einer Deutschen die Zunge. Liebe, Furcht, Eifersucht, Verachtung, alles kann der Eingeweihte in dem bald sanften, langsamen, bald zitternden, bald convulsivisch kreisenden, bald werfenden Schwirren und Bewegen des Fächers lesen, weshalb er, wenn seine Schöne bewacht wird, mehr diesem als dem Spiele der Augen lauscht.

Um sieben Uhr begaben wir uns mit allen Uebrigen nach dem Schauspielhause, wo man an jenem Abend ein National-Drama aufführte, und zwar mit vielem Geist und künstlerischem Talent. Ich war entzückt über die Wahrheit und Feinheit, mit welcher die spanischen Schauspieler die Affekte schattiren und die Idee des Dichters darstellen. Alles war so wirklich selbst die fabelhaftesten Situationen so urnatürlich, daß ich mich von dieser Spielweise ganz hingerissen fühlte, während mich die deutsche Bühne stets vollkommen gleichgiltig gelassen hatte. – Auf das Drama folgte eine Posse, und auf diese ein Nationaltanz, welche die Ironie und die plastische Schönheit dieses begabten Volkes leuchtend hervorhoben. Um ein Uhr war das Schauspiel vorüber und wir begaben uns sehr befriedigt nach unserm Hotel. Am andern Morgen begaben wir uns nach dem Alcazar, wo man uns ein maurisch verziertes Thor zeigte; dieses führte nach einem großen Hofe, mit doppelten Corridors umgeben, und eine Inschrift bekundete, daß es erst 1524 unter Karl V. ausgeführt ward. Man sieht hier mehrfach die Wappen von Castilien und Leon mit Karls Wahlspruche plus ultra, den Alexander und Napoleon nicht bezeichnender hätten wählen können. Hundertundvierzig korinthische Säulen von herrlichem Marmor tragen die beiden Galerieen. Ein anderes Thor, welches nach einem kleineren Hofe inmitten