Seite:Denkwürdigkeiten einer deutschen Erzieherin in Belgien, England, Spanien, Portugal, Polen und Deutschland.pdf/202

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viel älterer Gebäude führt, wird jedoch von Sachkundigen für echt maurisch erklärt; überhaupt unterscheidet sich dieser ganze Theil des umfangreichen Palastes von den übrigen wesentlich durch Spuren des Alters und orientalischen Geschmackes. Auch sieht man hier nirgend ein Wappen oder heraldisches Zeichen, nur eine arabische Inschrift, welche bekundet, daß er im Jahre 1181 unter dem Könige Nazar erbaut wurde. Herr D. hatte sich ein Werk „Viage de Espana“ verschafft, worin wir eine sehr gelehrte Beschreibung dieser und anderer Sehenswürdigkeiten mit vielen Übersetzungen aus dem Arabischen standen. Sehr zu bedauern ist, daß ein Theil dieses alterthümlichen Baues 1755 bei einem Erdbeben eingestürzt ward. Wir stiegen hier in ein unterirdisches Gewölbe, welches der Geliebten Dom Pedros, Maria de Padilla, als Bad gedient haben soll. Der Fußboden war von schönem Marmor, die Wände mit Friesen von vierblätterigen Kleepflanzen verziert.

Es ist ein erwiesenes Factum, daß den Arabern das Zelt als Urbild für ihre Bauten diente und ihre Paläste sich daher nie über ein Parterre erhoben; jedoch wichen sie bald nach ihrer Niederlassung in Spanien von ihrer ursprünglichen Architektur ab, sie führten auf das Parterre oder Erdgeschoß noch ein ebenfalls von Säulen getragenes Stockwerk und nahmen allmälig immer mehr die statischen Bauregeln ihrer Nachbarn an. Sie standen ihnen jedoch an Kühnheit, Wissenschaft und Begeisterung meist nach; die Rundbogen, welche man an einigen maurischen Gebäuden findet, sind Nachahmungen, nicht Originale.

Das Innere ist meistens im Renaissancestyle eingerichtet und das Ganze merkwürdig schön erhalten, was dem hesperidischen Klima des Landes zuzuschreiben ist. Unsere Ueberraschung wuchs noch unendlich, als wir in die Gärten traten, obwohl wir alle die Vegetation der pyrenäischen Halbinsel schon kannten. Bald entfalteten die fremdartigsten Blumen ihre Farbenpracht, auf üppigen Beeten oder hohen Ranken und Stielen in groteske Bildungen verschlungen, bald tauchten lustige Wasserstrahle aus kunstreichen Becken empor und brachen ihre Prismen wie Diamantenschauer über unseren Häuptern. Hier nahm uns ein Orangenhain in seine aromatischen Düfte auf, dort spannte eine Kastanien-Allee ihren kühlen Schirm über uns aus, und Waldvögel, die um diese Zeit in höheren Breiten längst verstummt sind, flöteten bald leise, bald flatterten sie jubelnd umher. – Diese Gärten bestehen aus Terrassen und gewähren, sowohl von unten wie von oben betrachtet, einen herrlichen