Seite:Denkwürdigkeiten einer deutschen Erzieherin in Belgien, England, Spanien, Portugal, Polen und Deutschland.pdf/232

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noch durch ihre Schneefelder aus dem azurnen Hintergrunde des sternbesäeten Himmels hervor.

Da diese wie alle südlichen Gegenden wegen ihrer verdünnten Atmosphäre und der senkrechteren Sonnenstrahlen eine sehr kurze Dämmerung haben, so kehrten wir beim Licht einer Fackel, womit wir unseren Führer versehen hatten, in die Alhambra zurück, kleideten uns um und begaben uns in das Theater.

Nach einem Aufenthalte von vier Wochen verließen wir Granada, und der Abschied von dieser herrlichen Stadt und ihren interessanten Bewohnern war einer der schmerzlichsten, deren ich mich erinnere. Eine wahre Beruhigung war es mir, daß ich die Alhambra, ganz speziell aber unsere Wohnung daselbst, wie auch die schönsten Ansichten von den Umgebungen gezeichnet hatte, an denen ich mich im grauen Norden zu laben hoffte.

Mitte Oktober traten wir bei einer angenehmen Temperatur und freundlichem Himmel unsere Reise nach Malaga an, wohin uns der Weg zunächst über die Vega führte. In dem weiten Flußthale des Jenils, strahlend von Fruchtbarkeit wie die Ebene von Granada, tief im Gebirge, an einer romantischen Stelle, wo der Fluß die Berge von Anteguera und Montefrio durchbricht, liegt das jetzt unbedeutende Städtchen Loja an einem sich steil erhebenden Hügel, auf dessen höchsten Felsenkuppen ein stattliches Castell thronet. Ringsum thürmen sich zackige Felsen empor, daher das Wappen der Stadt: eine von Dornen umringte Rose mit der Devise „una flor entre las espinas“ - eine Blume unter Dornen.

Der Gasthof war ziemlich schlecht, aber wir mußten hier übernachten und hatten daher Gelegenheit, einem interessanten Schauspiele[WS 1] beizuwohnen. Eine Truppe Zigeuner führte nämlich den Fandango, die Cachucha, den Bolero und einige ihrer eigenen Tänze mit jener Meisterhaftigkeit auf, die wir schon in Granada wahrgenommen hatten. Diese Tänze, welche eine Menge Formen pantomimischer Liebeserklärungen vorstellen, waren mitunter etwas obscön; allein man konnte ihnen wegen der seltenen Grazie der schönen Tänzer und Tänzerinnen und ihrer melodischen Stimmen, mit denen sie die Musik theilweise begleiteten, die Bewunderung nicht versagen. Ihre gerundeten Gestalten waren in die schönsten andalusischen Costüms gekleidet, und ihren Castagnetten wußten sie bald den lockenden Ausdruck der Liebe, bald das ängstliche Schwirren

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: Schanspiele