Seite:Denkwürdigkeiten einer deutschen Erzieherin in Belgien, England, Spanien, Portugal, Polen und Deutschland.pdf/233

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der Sehnsucht, bald den Charakter des Spottes und Zornes zu geben. Und wenn die Mädchen dann, das Tamburin mit beiden Händen spielend, ihre runden Arme erhoben, während sie auf der Spitze eines Fußes schwebten, so glaubte man wirklich Huldgöttinnen zu erblicken. Sobald der Morgen graute, brachen wir auf und setzten unsere Reise durch die unwirthbaren Berge der Sierra, deren Felsen uns durch die Dunkelheit wie drohende Riesen anstarrten, rüstig fort. Als wir gegen Mittag aus dem Geklüft heraustraten, öffnete sich unseren Blicken eine wonnige Aussicht auf ein buschiges Hügelland, hinter dessen Kuppen der Meeresspiegel hervorblickte, während es im Westen von den Bergketten der Sierra Ronda begrenzt ward.

Zu unseren Füßen lag ein weites Thal, und in Mitte von Rebengelände das Städtchen Colmonar. Ueberall sah man Weinberge, die den berühmten Malaga hervorbringen, und unzählige schneeweiße Winzerhäuser schimmerten freundlich aus den üppig belaubten Weingärten hervor. Um ein Uhr erreichten wir die Fuente de la Reyna, einen hellen Brunnen, von wo aus wir die reiche Ebene von Malaga erblickten, durch welche der Rio da Guadalhorco sich windet. Ueber ihr glänzten die Kuppen der Sierra de Mijas, die ganz dunkelblau am westlichen Ende der Vega lag, und gerade unter uns schienen die weißen Häuserreihen von Malaga aus den blauen Meeresfluthen aufzutauchen, überragt von dem hohen Kuppelthurme der majestätischen Cathedrale. Unser Wagen verfolgte die vielen Krümmungen, in welchen die Straße sich durch die Rebenhügel windet, und als wir den letzten Abhang hinabflogen, glänzten die dreieckigen Fischersegel wie zuckende Flammen auf dem Meeresspiegel hin und her und die Abendsonne vergoldete schon die westlichen Zinnen und Thürme von Malaga.

Es war ein herrlicher Abend, und nachdem wir im englischen Hotel abgestiegen waren und an der Table d’hôte gespeist hatten, machten wir einen Spaziergang, um beim Lichte des Leuchtthurmes den Hafen zu besehen. Ein magischer Anblick! Auf der Cortina del Muollo, oder dem Hafen-Quai, welcher von einer Reihe hoher, balcongezierter Paläste geschmückt ist, wimmelte es von Menschen, welche theils promenirten, theils vor den Kaffeehäusern saßen und dem Spiele wandernder Musikanten zuhörten. Wir richteten unsern Weg nach dem herrlichen, 3916 Fuß langen Molo, an dessen Ende der riesige Leuchtthurm steht, und betrachteten von hier aus das nächtliche Panorama. Viele hundert