Seite:Denkwürdigkeiten einer deutschen Erzieherin in Belgien, England, Spanien, Portugal, Polen und Deutschland.pdf/369

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

nur für Hofgunst und eine billige Popularität Sinn zeigte. Namentlich dieser letzteren wurde eifrig nachgegangen, denn unter dieser Aegide läßt sich Vieles treiben, was ohne sie Ansehen und den guten Namen zerstören könnte.

Endlich war die Zeit meiner Leiden vorbei, und mit Thränen begrüßte ich den Tag, der mich der Freiheit wiedergeben sollte. – Wir waren auf das Hauptgut gegen Ende des August zurückgekehrt, Michaelis war nach bangem Harren erschienen, ich traf entzückt meine Anstalten zur Abreise, nur der Gedanke an meine geliebte Natalie entlockte mir Thränen des Kummers. Ich forderte von dem Weibe, welches mir den Aufenthalt in ihrem Hause zur Hölle gemacht hatte, getrost ein Zeugniß, denn der Muth des guten Gewissens ist ein starker Held, auch hatte er mich nicht getäuscht, denn am Tage vor meiner Abreise überreichte mir Frau v. K. nicht ohne eine gewisse Verlegenheit ein ehrenvolles Testimonium, welches ich meinen Lesern aus ganz naheliegenden Gründen nicht wörtlich mittheile.

Am Tage vor meiner Abreise nahm die gefühlvolle sinnige Natalie aus eigenem Antriebe einen zärtlichen und rührenden Abschied von mir, weil sie wußte, daß ich ganz früh am nächsten Morgen abreisen wollte. Die Trennung von diesem theuren Kinde wurde mir sehr schwer, denn in ihm waren bisher alle meine Freuden und Hoffnungen concentrirt gewesen.

Wohl dem, der mit Zufriedenheit auf sein Leben und Wirken zurückblicken kann und sich eines höheren Beifalls als des der Menschen bewußt ist! sein Herz ist ruhig, sein Schlummer süß, mit Freuden blickt er der Zukunft entgegen, denn er weiß, daß, die mit Thränen säen, mit Freuden ernten werden und ihre Garben mitbringen. Wohl dem, der die Tugend um ihrer selbst willen übt, ihm wird sie die Schläfe mit Lorbeeren bekränzen und ihn über Schicksal und Menschen erhöhen.




Die Rose in der Fremde.

Mit zücht’gem, keuschem Prangen
Eine Rose gar einsam steht,
Sie denkt an die ferne Heimath,
Aus der sie der Wind fortgeweht.