Seite:Denkwürdigkeiten einer deutschen Erzieherin in Belgien, England, Spanien, Portugal, Polen und Deutschland.pdf/89

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

des Eindrucks um vieles erhöhte. In dem kleinen Städtchen Huis aßen wir zu Mittag und sahen hier im Vorüberfahren zwei sehr schöne gothische Gebäude. In Lüttich empfing uns die Wirthin des Hotel de Russie am Wagen, eine echt flammändische korpulente Matrone, und führte uns zur Besichtigung der Zimmer herum. Als wir eben angefangen hatten, uns bei einem guten Abendessen gütlich zu thun, erhielten wir Besuch von zwei Mäusen, die so zahm waren, daß sie uns ganz nahe kamen. Miß M., die einen besonderen Widerwillen gegen diese Thiere hatte, wurde sogar des Nachts im Bette von ihnen heimgesucht, so daß sie vor Furcht und ich vor ihrem Kreischen nur wenig schlafen konnte.

Von hier reisten wir nach Spaa, welches früher eines europäischen Rufes genoß und jetzt immer noch sehr besucht war. – Für Miß M. hatte dieser Badeort nur deshalb Interesse, weil sie Madame de Genlis „L’Aveugle de Spaa“ gelesen hatte. Sie befahl dem Postillon, uns nach dem Hotel d'Angleterre zu fahren; als wir uns jedoch demselben näherten, rief sie ihm plötzlich mit einer Art komischer Bestürzung zu, er solle weiter fahren.

„Ach, Gott sei Dank, rief Fräulein M. mit sichtlicher Erleichterung, als wir vorüber waren; sahen Sie nicht die Menge Herren, welche dort überall umherschlendern? Ach, daß Gott erbarm, eher will ich die ganze Nacht reisen, als dort schlafen!“

Diese lächerliche Prüderie war sehr überflüssig, denn alle Gasthöfe waren so sehr mit Reisenden überfüllt, daß wir froh waren, als wir nach langem Suchen ein kleines Zimmer mit zwei Betten bekamen und einen unerhörten Preis dafür zahlen mußten. Die hochadliche Aristokratie im Fremdenbuche nebst einer Menge hoher Würdenträger gab uns die Erklärung zu unserer Rechnung.

Nachdem wir zu Abend gegessen hatten, fuhren wir aus, um die schöne Gegend zu besehen und den Berg zu betreten, dessen Brunnen einst die Gesundheit der Gemalin Louis Philipps, damaliger Herzogin von Orleans, wieder herstellte. Wir bewunderten die lieblichen Parthieen, welche ihre Kinder mit ihren eigenen Händen der wohlthätigen Nymphe zu Ehren anlegten, und den geschmackvollen Pavillon, den sie ebenfalls bauen ließen. Hier hatten wir einen sehr schönen Blick auf die Bergkette, welche das liebliche Thal mit der Stadt umgiebt, wurden aber durch die hereinbrechende Nacht an allem weiteren Umschauen verhindert. Am nächsten Morgen reisten wir durch eine Gegend, die erst