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Zu Indiens Gestaden ……“

Blank und metallisch stieg die Stimme auf. Berauschend und liebkosend umhüllte sie die lauschende Frau. Ihre Gewalt hob sie aus dem Sessel empor, reckte ihr das Rückgrat, ihre zarte Melodik liess sie wieder entrückt zusammensinken in ein unendliches Wohlbehagen und fast körperliches Geniessen. Auch in diesem alltäglichen Zimmer der Berliner Wohnung geschah das Wunder, das Bara an jedem Abend an jedem empfänglichen Besucher des Hauses vollführte, in dem er auftrat. Ein Überschwang wie selten zuvor in ihrem überschwenglichen Leben, durchrieselte Viola Windal. Dieses Phänomen, diese schönste Stimme, dieser Mann gehörte ihr, ihr allein. Tränen traten ihr in die Augen. Das letzte Sehnen ihres Lebens war erfüllt. Sie hatte immer gewusst, etwas Unnennbares, etwas, das nur den Auserwähltesten begegnet, sei ihr vorbehalten. Dunkel, unklar hatte dieses Ahnen in ihr gelebt seit den frühesten Mädchentagen. Jetzt war es in Erfüllung gegangen, märchenhaft, unwirklich.

Bara sang alle drei Strophen. Als er geendet hatte, blieb sie, vor Beseligung erschöpft, stumm im Stuhl sitzen. Er sah zu ihr hin. Sein beifallgewöhntes Selbstbewusstsein horchte auf.

„Nun?“ forderte er betroffen, „du sagst ja garnichts?“

„Ich kann nicht,“ flüsterte sie erschüttert. „Es war zu gross, zu schon, zu – – ach, du kannst nicht wissen, was du mir erfüllst.“

Er wollte aufstehen, zu ihr eilen. Jetzt hatte seine Stunde geschlagen. Da gehorchten ihre sportgestählten Glieder wieder ihrem Willen. Sie sprang empor.

Empfohlene Zitierweise:
Alfred Schirokauer: Der Held von Berlin. Typoskript, Berlin o. J., Seite 47. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Der_Held_von_Berlin.pdf/48&oldid=- (Version vom 31.7.2018)