Seite:Der Nachlaß des kursächsischen Premier-Ministers Reichsgrafen Heinrich von Brühl.pdf/3

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Bautzen. Außerdem bezog er die Auszeichnungen und das Einkommen der Kanonikate bei den Stiftern Meißen, Merseburg und Naumburg, sowie bei den Kollegiat-Stiftern Wurzen und Zeitz, ohne die Kanonikate persönlich übernehmen zu müssen.

Im Jahre 1737 in den Reichsgrafenstand erhoben, wurde er 1739 Oberinspektor der Porzellan-Manufaktur, endlich 1746 Premierminister mit Bestimmung des Ranges über alle anderen Würdenträger im Kurfürstentume Sachsen. Bei jedesmaliger Beförderung behielt er die früheren Aemter und deren Einkommen bei. Einige andere, insbesondere militärische Würden werden später erwähnt werden.

Von Haus aus evangelisch-lutherischer Konfession, trat er, um auch in Polen Kronämter und Güter erlangen zu können – wozu die Zugehörigkeit zur katholischen Konfession und das polnische Indigenat erforderlich war – zum Katholizismus über: anscheinend nur für Polen, denn in Sachsen, wo damals verfassungsmäßig kein Katholik ein Staatsamt bekleiden durfte, würde dies seiner ferneren Verwendung als Beamter entgegen gestanden sein. Auch sind die Erbauungsbücher, welche bei Aufzeichnung seines Nachlasses in seinem Arbeitsgemache gefunden worden sind, nur evangelischen Inhalts, und von gleicher Beschaffenheit ist der breite religiöse Eingang seines Testaments. Es wird jedoch in den Nachlaßakten wiederholt ein Abbé Victor genannt, welcher im Brühlschen Palais in Dresden wohnte. Zeitgenossen versichern, daß Brühl völlige Religionsgleichgiltigkeit gezeigt und verschiedenen Konfessionen zugleich anzugehören geschienen habe.

Um polnische Abstammung nachzuweisen, ließ er einen Stammbaum aufstellen, welcher seinen Zweck – wahrscheinlich durch Zurückweisen auf weibliche polnische Vorfahren – erfüllte. Er nannte sich darnach, wie z. B. noch in seinem Testamente und in einigen anderen Urkunden, Graf von Ocieszyno-Brühl. Auch sein ältester Sohn hat ein Nachlaß-Protokoll mit diesem Namen unterzeichnet.

Am 5. Oktober 1763 starb Kurfürst Friedrich August II., welcher sich mit Brühl fast während des ganzen siebenjährigen Kriegs in Polen aufgehalten hatte und erst Ausgangs April 1763 mit demselben nach Dresden zurückgekehrt war, plötzlich und unerwartet.