Der Nachlaß des kursächsischen Premier-Ministers Reichsgrafen Heinrich von Brühl

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Autor: A. Neidhardt
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Titel: Der Nachlaß des kursächsischen Premier-Ministers Reichsgrafen Heinrich von Brühl
Untertitel: erschienen in: Mitteilungen des Vereins für Geschichte Dresdens. Achtes Heft.
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Erscheinungsdatum: 1888
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[1]
I.
Der Nachlaß des kursächsischen Premier-
Ministers Reichsgrafen Heinrich von Brühl.
Nach den Nachlaß- und Untersuchungsakten
Von
A. Neidhardt,
Oberappellationsrat a. D.

Heinrich von Brühl, Sohn des Herzoglich Weißenfelsischen Oberhofmarschalls und Geheimen Rats Hans Moritz von Brühl und Erdmuthen Sophien geb. von der Heydte, der Tochter eines schwedischen Obersten, ist geboren am 13. August 1700. Ob seine Geburt in Weißenfels oder in dem väterlichen Stammgute Gangloff-Sömmern in Thüringen erfolgte, ist bestritten. Außer ihm waren, soweit bekannt, noch drei ältere Brüder und eine Schwester vorhanden. Die Vermögensverhältnisse der Eltern scheinen nicht glänzend gewesen zu sein. Sie waren Veranlassung, daß der Vater das Stammgut im Jahre 1738 an den Herzog Johann Adolf von Weißenfels verkaufte. Als indessen im Jahre 1746 die Albertinische Nebenlinie Sachsen-Weißenfels ausgestorben und dieses Land wieder an Kursachsen angefallen war, erhielt Heinrich von Brühl von dem Kurfürsten Friedrich August II. das Gut unter dem Titel einer remuneratorischen Schenkung mit erheblicher Vergrößerung überlassen.

Die Verhältnisse der Eltern waren vielleicht mit der Grund, weshalb Brühl bereits mit 13 Jahren als Page in den Dienst der verw. Herzogin von Weißenfels trat. Dieselbe hielt sich meist [2] in Leipzig auf, und hier fand Brühl, welcher schon an sich als gewandt und nicht unbegabt, als gelehrig und als von munterem und glücklichem Naturell bezeichnet wird, Gelegenheit, im Umgange mit einer Mehrzahl von Standesgenossen seine äußere Gewandtheit zu vervollständigen und sich in mehreren Künsten auszubilden.

Es ist fraglich, ob er sich eine tiefere Bildung angeeignet hat. Zweifellos hat er in seinen späteren Jahren Malerei, Architektur und Musik sehr begünstigt.

Auf Empfehlung der Herzogin kam er 1720 als Silberpage in den Dienst des Kurfürsten Friedrich August I. – als König von Polen August II. – und er wußte sich dessen Gunst bald zu erwerben und zu erhalten. Er wurde 1727 Kammerjunker, 1730 Kämmerer, 1731 Obersteuereinnehmer und General-Accis-Direktor, in demselben Jahre Direktor des Departements für innere Angelegenheiten im geheimen Kabinet und wirklicher Geheimer Rat, 1732 Vice-Obersteuerdirektor, Direktor des Zeitungswesens, der Kammer, der Renterei und des Berggemachs, sowie 1733 Kammerpräsident. Er erhielt den polnischen weißen Adlerorden, sowie den preußischen schwarzen Adlerorden in Brillanten.

Nach dem am 1. Februar 1733 erfolgten Tode des Kurfürsten Friedrich August I. wußte Brühl sich auch bei dessen Regierungsnachfolger, dem Kurfürsten Friedrich August II. – als König von Polen August III. –, welcher sich ohnehin weniger um Regierungsangelegenheiten bekümmerte, in beharrliche und bald sogar ausschließliche Gunst zu setzen. Er wurde noch im Jahre 1733 Inspektor sämtlicher Staatskassen und im Juni Kabinetsminister, unter gleichzeitiger Beschränkung der Wirksamkeit des Kammer-Kollegiums und des Geheimen Konsils, wie z. B. bei den Verfügungen über die Obersteuereinnahme[1].

Im Jahre 1734 verheiratete er sich mit Franziska Marie Anna, einer Tochter des Appellationsgerichts-Präsidenten Reichsgrafen von Kolowrat-Krakowiski in Prag. In demselben Jahre wurde er Obersteuerdirektor, 1736 erhielt er die Direktion der General-Kriegskasse übertragen, 1737 wurde er Dompropst in [3] Bautzen. Außerdem bezog er die Auszeichnungen und das Einkommen der Kanonikate bei den Stiftern Meißen, Merseburg und Naumburg, sowie bei den Kollegiat-Stiftern Wurzen und Zeitz, ohne die Kanonikate persönlich übernehmen zu müssen.

Im Jahre 1737 in den Reichsgrafenstand erhoben, wurde er 1739 Oberinspektor der Porzellan-Manufaktur, endlich 1746 Premierminister mit Bestimmung des Ranges über alle anderen Würdenträger im Kurfürstentume Sachsen. Bei jedesmaliger Beförderung behielt er die früheren Aemter und deren Einkommen bei. Einige andere, insbesondere militärische Würden werden später erwähnt werden.

Von Haus aus evangelisch-lutherischer Konfession, trat er, um auch in Polen Kronämter und Güter erlangen zu können – wozu die Zugehörigkeit zur katholischen Konfession und das polnische Indigenat erforderlich war – zum Katholizismus über: anscheinend nur für Polen, denn in Sachsen, wo damals verfassungsmäßig kein Katholik ein Staatsamt bekleiden durfte, würde dies seiner ferneren Verwendung als Beamter entgegen gestanden sein. Auch sind die Erbauungsbücher, welche bei Aufzeichnung seines Nachlasses in seinem Arbeitsgemache gefunden worden sind, nur evangelischen Inhalts, und von gleicher Beschaffenheit ist der breite religiöse Eingang seines Testaments. Es wird jedoch in den Nachlaßakten wiederholt ein Abbé Victor genannt, welcher im Brühlschen Palais in Dresden wohnte. Zeitgenossen versichern, daß Brühl völlige Religionsgleichgiltigkeit gezeigt und verschiedenen Konfessionen zugleich anzugehören geschienen habe.

Um polnische Abstammung nachzuweisen, ließ er einen Stammbaum aufstellen, welcher seinen Zweck – wahrscheinlich durch Zurückweisen auf weibliche polnische Vorfahren – erfüllte. Er nannte sich darnach, wie z. B. noch in seinem Testamente und in einigen anderen Urkunden, Graf von Ocieszyno-Brühl. Auch sein ältester Sohn hat ein Nachlaß-Protokoll mit diesem Namen unterzeichnet.

Am 5. Oktober 1763 starb Kurfürst Friedrich August II., welcher sich mit Brühl fast während des ganzen siebenjährigen Kriegs in Polen aufgehalten hatte und erst Ausgangs April 1763 mit demselben nach Dresden zurückgekehrt war, plötzlich und unerwartet. [4] Mittels Dekrets des Kurfürsten Friedrich Christian vom 13. Oktbr. 1763[2], wurde Brühl auf sein Ansuchen wegen mißlicher Krankheitsumstände unter einiger Anerkennung seiner 40-jährigen Dienste aus seinen Aemtern entlassen, ihm jedoch das Amt eines Konferenzministers und vorsitzenden Geheimen Rats für den Fall der Wiederherstellung seiner Gesundheit vorbehalten und ihm der verbleibende Gehalt eines wirklichen Geheimen Rats an 8000 Thlrn., sowie eine jährliche Pension von 36000 Thlrn. bewilligt. Schon am 28. Oktober 1763 starb er in seinem Palais in Dresden, nachdem ihm die Ärzte bereits über 4 Wochen vorher seinen Tod angekündigt hatten.

Seine Gemahlin war bereits 1762 gestorben. Vier Söhne und eine Tochter überlebten ihn. Wie er für diese Kinder gesorgt hat, geht unter Anderem daraus hervor, daß der älteste Sohn Aloysius Friedrich Joseph Ludwig, geb. am 3. Juli 1739 und bei dem Tode des Vaters somit 24 Jahre alt, bereits königl. poln. General-Feldzeugmeister, sächs. Generalmajor, Oberst eines Kavallerie-Regiments und Kammerherr, der zweite Sohn Karl Adolf, geb. im April 1741, somit bei dem Tode des Vaters 22 Jahre alt, bereits Generalleutnant, Oberst eines Kavallerie-Regiments und Kammerherr, der dritte Sohn Albert Christian Heinrich, geb. 1746 und somit erst 17 Jahre alt, bereits wirklicher Oberst eines Infanterie-Regiments und Kammerherr, der vierte Sohn Hans Moritz, geb. im Juli 1747 und somit erst 16 Jahre alt, bereits Oberst und Kommandeur eines Kavallerieregiments und ebenfalls Kammerherr war. Die Tochter Marie Amalie Friederike war an den poln. Hofmarschall Graf Georg Wandalin von Mniszech verheiratet. Die drei Brüder Brühls, welche ebenfalls in den Grafenstand erhoben worden waren und hohe sächsische und polnische Stellungen innegehabt hatten, waren vor ihm gestorben.

Nach seiner letztwilligen Verfügung wollte er in seiner Erbherrschaft Pförthen mit gewöhnlicher Gedächtnispredigt christlich, im übrigen ohne großes unnötiges Gepränge beerdigt werden. Nach einer Stelle seines Testaments scheint es, als habe er sich mit dem Wiederaufbaue seines im 7jährigen Kriege vom Feinde bis auf einige Zimmer und den Keller niedergebrannten Schlosses in [5] Pförthen und zwar in vergrößertem Umfange beschäftigt. Dieser Plan ist nicht zur Ausführung gekommen; noch nach seinem Tode waren die Ruinen vorhanden, und sein Leib ist in seiner nahe bei Pförthen gelegenen Herrschaft Forsta beerdigt worden[3]. –

Zeitgenössische Schriftsteller, welche mit ihm amtlich und persönlich verkehrt und nach seinem Tode über und gegen ihn geschrieben haben, machen ihn für die unglückliche sächsische Politik, namentlich im 7jährigen Kriege, und für die damalige finanzielle Zerrüttung Sachsens verantwortlich. Dies und die politische Thätigkeit Brühls überhaupt gehört im Allgemeinen der weiteren Geschichte an. Eben dahin gehört der Vorwurf geschäftlicher Unthätigkeit und der Günstlingswirtschaft. Als Beispiel für letztere wird Hennicke, ein Lakei, genannt, welcher es durch Brühl bis zum Grafen von Hennicke und zum Konferenzminister gebracht hat[4].

Während seines letzten Aufenthalts in Warschau hat Brühl unter dem 9. August 1762 ein Testament errichtet und dasselbe durch seinen Vertrauten, den mit Spezial-Vollmacht versehenen Kammerrat Karl Heinrich von Heinecken, bei der Kanzlei zu Pförthen niederlegen lassen. Von dort ist es wenige Tage nach seinem Tode nach Dresden gebracht und seinen Erben eröffnet worden[5]. Dasselbe enthält im Eingange eine Aufzählung seiner Ämter und Titel, sowie seiner zahlreichen Besitzungen und ist auch deshalb vob besonderem Interesse. Dieser Eingang lautet:

„Im Namen der heiligen Dreieinigkeit. Sei kund und zu wissen. Demnach ich Heinrich, des heil. Röm. Reichs Graf von Ocieszyno-Brühl, Freiherr zu Forsta und Pförthen, General-Feldzeugmeister der Krone Polen, Starosta zu Zips, Bolimano, Lipineck und Piaserno, Voigt zu Bromberg, Herr zu Ocieszyno, Sierakow und Niechanow etc., Erb-, Lehn- und Gerichtsherr auf Gangloff-Sömmern, Nischwitz, Lindenau, Oberlichtenau, Seyffersdorf und [6] Bollensdorf, Sr. Königl. Majestät in Polen und Churfürstl. Durchlaucht zu Sachsen Premier-Minister, Geheimer Cabinets- und Conferenz-Minister, General von der Infanterie, Ober-Kämmerer, Kammerpräsident, Ober-Steuer- und General-Accis-, auch Stift Naumburg- und Merseburgischer Kammer-Director, General-Commissarius der baltischen Meer-Porten, Commandant der Sächs. Truppen in Polen, Obrister über ein Regiment Chevaux legers und ein Regiment zu Fuß, des Hochstifts zu Meißen Capitularis und Propst zu Budissin etc., des Poln. weißen Adler-, Ruß. St. Andreas- und Preuß. schwarzen Adler-Ordens Ritter“ u. s. w.[6]

Hierauf folgt eine mehrere Seiten lange Auseinandersetzung über wahre Gottseligkeit und über den Unwert irdischer Güter: Brühl hält seinen Kindern u. a. zur Nachachtung vor, daß er von früher Jugend an täglich beim Niederlegen und Aufstehen gebetet, daß er alle Verleumdungen, Nachstellungen und Widerwärtigkeiten mit Geduld getragen, nie Jemand verfolgt habe und nur Gott es verdanke, wenn er fähig geblieben sei, das Wohl des Kurfürsten und die Wohlfahrt der Länder und Unterthanen desselben zu fördern. Dabei erklärt er nichts für schändlicher, als sich in Ämter zu drängen, die man zu verwalten nicht Fähigkeit genug habe[7].

Anlangend den sonstigen Inhalt des Testaments, so vermacht Brühl dem Kurfürsten seine Gemälde als Zeichen seiner tiefen Dankbarkeit und errichtet sodann für seinen ältesten Sohn und dessen Nachkommen nach dem Rechte der Erstgeburt ein Majorat mit der Bestimmung, daß beim Aussterben dieser Linie der je älteste seiner nächstfolgenden Söhne, eventuell seiner Tochter unter Annahme des Namens Brühl, beim Aussterben aller dieser die Nachkommen seines zweiten Bruders nach dem Rechte der Erstgeburt, eventuell seiner Schwester, der von Berlepsch, eintreten sollten.

[7] Zum Majorate gehören die Herrschaft Forsta und Pförthen mit allem Zubehör und den dort errichteten Manufakturen[8], das Thüringer Stammgut Gangloff-Sömmern, sein Stadthaus in Dresden, der Garten auf dem Walle, der Platz vor dem Wilsdruffer Thore mit allen Gebäuden an Reithaus, Ställen und Wagenschuppen, der Garten mit Orangerie- und Menagerie-Gebäuden in Friedrichstadt (das jetzige Stadtkrankenhausgrundstück), die in Manufakturen und sonstigen Kommerzien-Sozietäten angelegten Kapitalien und die Revenüen daraus, sowie die ihm verliehenen Exspektanzen auf die Herrschaften Sorau und Triebel[9]. Zugleich trifft Brühl Bestimmung für den Fall, daß der zeitweilige Majoratsherr die Tonsur und geistliche Aemter erhalten oder in einen die Ehe ausschließenden geistlichen Ritterorden treten sollte. Die Zulässigkeit des Verkaufs aller obigen Grundstücke ist vorgesehen unter der Bedingung, daß für den Kaufpreis andere Güter angeschafft werden. Weiter soll zum Majorate gehören die (übrigens nach Umfang und Inhalt sehr wertvolle, neben der von Bünauschen hervorragende) Bibliothek, das Kupferstich- und Naturalien-Kabinet, mehrere Brillanten, ein vollständiges silbernes Tafelservice für 30 Personen, das in einem dem Testament angefügten Verzeichnis genau beschrieben ist und das, wenn es der Majoratsherr etwa in zeitgemäße Form umändern lassen wollte, von demselben immer im Betrage von 1780 Mark Silber erhalten werden soll. Ferner soll zum Majorate gehören ein Majoratskapital von 50000 Thlrn. zu bestimmten, genau und vorsorglich vorgeschriebenen Zwecken, z. B. Studien-, Reisekosten, Beihilfen für die nächsten Verwandten; es wird weiter genaue Bestimmung getroffen, was der jedesmalige Majoratsherr seinen Schwestern bez. bei deren Verheiratung zu gewähren hat, sowie daß zur Aufbringung dieser und anderer nötigen Ausgaben nie mehr als 50000 Thlr. aufgenommen werden sollen. Endlich sollen zum Majorate noch das anteilige Porzellan [8] und Meublement und die vom Könige von Frankreich geschenkten Gobelins gehören, welche die 12 Monate darstellen.

Indem der Erblasser hiermit seinen ältesten Sohn und zwar, wie er selbst sagt, in sehr bevorzugter Weise für versorgt bezeichnet, erklärt er seine Tochter laut Abrenunciation d. d. Warschau den 16. Juli 1750 für bereits abgefunden und vermacht ihr nur einen Brillantring.

Dieselbe hat jedoch, wie hier bemerkt werden mag, bei dem Nachlasse Widerspruch dagegen erhoben und Ergänzung ihres Erbteils beansprucht, weil sie bei der Abrenunciation unmündig gewesen, auch das von ihr Erhaltene mit ihrem Pflichtteile nicht in Vergleich zu stellen sei.

Über seinen sonstigen Immobiliarnachlaß in Sachsen hat der Erblasser zu Gunsten seiner drei übrigen Söhne verfügt, während bezüglich der Güter in Polen die dortigen Erbgesetze maßgebend sein und alle vier Brüder sich zu gleichen Teilen darein teilen sollten. Der sächsische Immobiliarnachlaß, in welchen sich alle drei jüngeren Söhne nach Einigung oder durch Los zu teilen hätten, bestand aus den Rittergütern:

1. Nischwitz mit Zubehör bei Wurzen, vom Erblasser veranschlagt auf 75 000 Thlr.;
2. Zschepplin bei Eilenburg, veranschlagt auf 125 000 Thlr.;
3. Lindenau und Tettau, wegen aufhaftender Stämme im Betrage von 24 375 Thlrn., veranschlagt auf 40 000 Thlr.;
4. Ober- und Niederlichtenau, veranschlagt auf 36 000 Thlr.;
5. Seifersdorf mit Zubehör, veranschlagt auf 72 000 Thlr.,

zusammen 348 000 Thlr., so daß je der dritte Teil 116 000 Thlr. betragen sollte. Wer Priester würde, hätte nur eine Remuneration zu bekommen.

Barschaft und Wertpapiere, Juwelen, Pretiosen, Münzen und Tabatièren, das Porzellan, soweit es nicht zum Inventar eines Hauses oder Guts gehörte, nicht weniger die Garderobe und zwar sowohl die fertige, als auch die seidenen und reichen Stoffe, nachdem davon soviel verkauft sein würde, als nötig, um einzelnen Kammerdienern und Lakaien Beträge von 200 bis 500 Thlr. zu zahlen, endlich die Weinvorräte in Sachsen und Polen [9] sollten unter alle vier Söhne, das – nach Abzug des Majoratsanteils – übrige Silberzeug, die Tapeten, Meubles, das Tafelzeug, die Bettwäsche, die Betten etc., soweit sie nicht zum Inventar eines Hauses oder Guts gehörten, sollten unter die drei jüngeren Söhne verteilt werden. Weiter wurden für den ältesten Sohn 1 Staatswagen, 1 ordinärer Wagen, 1 Reisewagen, 1 Brancard, 2 Züge samt gutem und ordinärem Geschirre jedes auf 6 Pferde, 6 Reitpferde nebst Sattel, Zeug und Handdecken, 4 Klepper nebst Sattel und Zeug, für jeden der übrigen Söhne 4 Reitpferde nebst Sattel und Zeug und 2 Klepper ausgesetzt. Was sonst in Polen und Dresden an Wagen, Pferden und Geschirre vorhanden, sollte unter alle vier Söhne verteilt werden. Das dem Erblasser vom Könige geschenkte Fürstenbergsche Haus (der nach dem Schloßplatze zu gelegene vordere Teil des jetzigen Finanzgebäudes) sollte in Gemeinschaft bleiben, aber, wenn es insbesondere der Hof zu haben wünschte, mit Teilung des Kaufpreises verkauft werden.

Hierüber vermachte der Erblasser ein Legat von 6000 Thlr. zu einem Armenhause in Forsta oder Pförthen. Er schloß eine Einwerfung des von den Kindern bereits Empfangenen aus und verfügte, daß dasjenige Kind, welches sich bei seiner letztwilligen Bestimmung nicht beruhigen wollte, bis auf den Pflichtteil vom Nachlasse ausgeschlossen sei. Die Bedienten bei der Musik sollten 3 Monate, alle übrigen 6 Monate nach seinem Tode ihr Traktament forterhalten. Für die bei seinem Tode etwa noch minderjährigen Kinder ernannte er für Polen seinen Schwiegersohn Graf Mniszech, für Sachsen seinen Vetter, den Konsistorial-Präsidenten von Globig – welcher mit einer Tochter seines Bruders verheiratet war – zu Altersvormündern.

In einem Kodizille von demselben 9. August 1762 trifft er, – außer der erledigten Bestimmung, daß der Majoratsherr bei Erlangung der Güter Sorau und Triebel jedem seiner Brüder auf Lebenszeit jährlich 4000 Thlr. zu zahlen habe – die weitere Verfügung, daß sein zweiter Sohn Karl Adolf, welchem die polnische Starostei Zips zufallen sollte, aus den betreffenden Einkünften jedem der übrigen Brüder jährlich 6000 Thlr. zu geben hätte.

[10] Durch Kodizill vom 17. September 1763 wurde dem Geheimen Kammerrat von Heinecken für dessen ihm so viele Jahre treugeleistete Dienste das Rittergut Bollensdorf vermacht.

Bezüglich des Majorates hat der Erblasser in einer nachträglichen Niederschrift vom 10. Oktober 1763 die Zubehörigkeit des Kupferstich- und Naturalien-Kabinets widerrufen, weil er beides in der Bedrängnis des Kriegs habe verkaufen müssen. Indessen hat sich im Nachlasse ein in 29 Kisten verpacktes Naturalien-Kabinet an wertvollen Erzstufen, Petrefakten und vielen Kunstgegenständen, namentlich geschnittenen Steinen vorgefunden, während auch ein auf 16800 Thlr. taxirtes Kupferstich-Kabinet noch vorhanden war. Der Erblasser scheint sonach den Verkauf dieser Sammlungen zwar beabsichtigt, aber nicht ausgeführt zu haben. –

Verschiedene Umstände deuten darauf hin, daß das unbegrenzte Vertrauen, welches Kurfürst Friedrich August II. in den Grafen Brühl gesetzt hatte, von Niemand, insbesondere nicht von den Regierungsnachfolgern geteilt worden sei, daß vielmehr, sobald der Einfluß des mächtigen Ministers nach dessen Dienstenthebung und Tod geschwunden war, Verdächtigungen verschiedener Art gegen denselben zu Tage traten.

Er hatte sich von dem genannten Kurfürsten mittels Dekrets vom 25. Angust 1763[10] die Zusicherung erteilen lassen, „daß die bei dem Tode anderer Minister übliche Versiegelung des Nachlasses bei seinem Nachlasse zum Zeichen des in ihn gesetzten Vertrauens gänzlich unterbleiben und daß er und seine Erben deshalb zu keiner Zeit in einigen Anspruch oder Rechtfertigung gezogen werden sollten.“

Dessen ungeachtet erging – abgesehen von andern Maßregeln, von denen später die Rede sein wird – am 27. Oktober 1763, dem Tage vor dem Tode Brühls, aus dem Kabinete des Kurfürsten Friedrich Christian Befehl an den Oberamtmann zu Dresden, Dr. Reinhold, sich bereit zu halten, den Nachlaß des [11] Grafen Brühl sofort nach dessen zu erwartendem Tode zu versiegeln. Sobald am 28. Oktober der Tod erfolgt war, wurde sofort mit Versiegelung und Aufzeichnung des Nachlasses zunächst im Palais, dann und zwar noch in der Nacht in den übrigen Stadtgrundstücken, hierauf in Seifersdorf und Oberlichtenau vorgegangen[11].

Bei der Versiegelung und Aufzeichnung waren die drei ältesten Söhne, der Bevollmächtigte der Tochter, August Konstantin von Unruh, der Kriegsrat von Vieth und Golsenau, als von der Landesregierung vor Eröffnung des Testamentes für den jüngsten Sohn bestellter Altersvormund, später der testamentarische Vormund von Globig, sowie die beiden kurfürstlichen Kabinetssekretäre Ferber und Lucius zugegen. Ein Hauptaugenmerk sollte dabei auf vorhandene Staatsschriften gerichtet und sollten diese in Verwahrung genommen werden.

Die Einzelaufzeichnung und Taxirung der tausenderlei Gegenstände nahm über ein Jahr in Anspruch, und es verdient die Sorgfalt und Unverdrossenheit des Amtsaktuar Behrisch, welcher mit dieser Arbeit betraut war, noch nachträglich anerkannt zu werden. Es ist dadurch die bereits von früheren Geschichtsschreibern benützte Gelegenheit geboten worden, den Haushalt des Grafen Brühl wenigstens einigermaßen zu übersehen.

Die Aufzeichnung ergab das Vorhandensein von

10 Porzellan-Kassenscheinen über 49 000 Thlr.,
87 Accisscheinen über 18 070
mehreren Steuerscheinen über 84 947

welche letzteren bald gegen landschaftliche Obligationen umgewechselt wurden, sowie von

33 Kammerscheinen über 14 125 Thlr.

An baarem Gelde fanden sich vor außer 10000 Dukaten, welche sogleich nach dem Tode den Erben zur Bestreitung des einstweiligen Familienbedürfnisses überlassen wurden, noch weitere 64168 Dukaten, darunter gegen 3000 in Denkmünzen, sowie 2240 Louisd'or. Wertpapiere und Geld, welche augenscheinlich [12] unter eigenem Verschlusse des Verstorbenen sich befunden hatten, wurden in amtliche Verwahrung genommen.

Weiter waren vorhanden 83 Stück Reit- und Zugpferde und 30 Wagen, eine erhebliche Waffensammlung, eine Menge Meubles, bedeutendes Silberwerk und Tischzeug, viele Gemälde, kostbares Büffet-Zubehör, über 800 Tabatièren, die meisten von Porzellan, Achat und dergleichen, aber auch sehr viele von Gold mit Brillanten, große Mengen von Medaillen, Münzen, Edelsteinen, Uhren – allein 40 goldene mit Brillanten –, sehr viele Porzellangeschirre, über 120 Ringe meist mit Brillanten von hohem Werte, große Mengen Frauenkleider mit Zobel, Hermelin und weißem Fuchs gefüttert, Massen von seidenen und anderen Kleiderstoffen und Tressen in über 200 Nummern zu vielen Ellen, viele Teppiche von erheblichem Werte, 50 kostbare Herrenpelze, 47 Schlafröcke, 60 Überröcke, 36 Hüte zum Teile mit Tressen und Federn, viele Reiherfedern, 64 vollständige gewöhnlichere und Trauer-Anzüge, 70 besondere Westen, gegen 300 bunte, meist seidene gestickte oder mit Tressen besetzte vollständige Anzüge, große Ledervorräte sowie Vorräte von feinsten Pelzfellen, 74 Degen und Hirschfänger, 532 Pfund Schnupftabak außer zahlreichen Büchsen mit dergleichen, 220 Flaschen und Büchsen mit Thee, große Mengen Chokolade. Die Silberkammer enthielt außer dem zum Tagesgebrauch der Erben herausgegebenen Service im Taxwerte von 6270 Thlr., sowie ausschließlich des zum Majorate bestimmten noch dergleichen im Taxwerte von 34270 Thlr.

Hierüber fanden sich noch vor: eine große Anzahl künstlicher Becher und Muscheln von Krystall und Elfenbein, Mengen von Porzellan-Gefäßen, vieles Sattelzeug, Vorräte von Meubles-Stoffen und Tapeten, sehr viele Tafel-, Bett- und Leib-Wäsche. An Weinen waren in den Kellereien teils im Palais, teils im Cäsarischen Hause in der Schössergasse für 55644 Thlr. – nach dem Taxwerte – vorhanden. Die Bibliothek, welche zum größten Teile aus Werken über europäische Staatengeschichte sowie über die schönen Künste und Wissenschaften bestand, übrigens im 7 jährigen Kriege nicht unerhebliche Verluste von angeblich 8000 Bänden erlitten hatte, hatte einen Taxwert von 60000 Thlrn. Endlich hatte sich noch [13] eine große Menge von Akten und Dokumenten, Staatssachen betreffend, vorgefunden.

Nach dem bei den Akten befindlichen Nachlaßverzeichnisse vom Jahre 1765, welches nur die unter die Söhne sofort verteilten Pferde nicht mit umfaßt, werden aufgeführt an Aktiven:

209 564 Thlr. Gr. Pf. ab baarem Gelde, anscheinend
  einschließlich 63831 Thlr. 21 Gr. als
  zum Unterhalt der Erben verwendet
  und 5000 Thlr. nachträglich bezahlte
  Preuß. Kontribution wegen Forsta
  und Pförthen: auch sind auf mehrere
  angemeldete Forderungen mit
  Genehmigung des Landesherrn
  Teilzahlungen geleistet worden:
18 962 Thlr. 12 Gr. Pf. an goldenen und silbernen Medaillen,
121 842 7 8 an Kammer-, Steuer-, Accis- und
  anderen Scheinen,
62 910 8 2 an außenstehenden Schulden,
45 684 4 an rückständigen Besoldungen,
360 945 6 9 an Deputaten und Rückständen bei
  kurfürstlichen Kassen,
15 702 12 9 an Vorschüssen für Beamte und Pensionäre,
49 000 an Porzellan-Kassen-Scheinen,
376 843 6 an Pretiosen, als Ringen, Tabatièren,
  Taschenuhren, Degen, Hirschfängern
  und dergleichen,
62 007 1 11 an Silberwerk (6465 Mark 5 Lot 2 Qu.),
27 214 20 an Porzellan (150 komplette Tisch-,
  Thee- und Kaffee-Services),
53 905 5 9 an Garderobe, Rauch- und Pelzwerk,
  reichen Stoffen, Tressen und dergl.,
21 445 10 an Leibwäsche und Spitzen, Tafel-
  und Bettwäsche,
1 426 026 Thlr. 23 Gr. Pf. Latus

[14]

1 426 026 Thlr. 23 Gr. Pf. Transport
28 102 10 an Gardemeuble,
4 596 Sattelkammer,
8835 an Kutschwagen und Portechaisen,
13 936 2 an Gewehren,
105 329 2 die Bildergallerie,
60 004 20 die Bibliothek,
16 800 das Kupferstich-Kabinet,
10 722 4 das Naturalien-Kabinet,
8 205 an steinernen Vasen,
55 644 4 6 an Kellerei-Vorräten,
310 an Thee,
278 an Cacao und Chokolade,
214 8 6 an Schnupftabak,
237 8 an ungar. Wasser und Arquebusaden,
237 6 an musikalischen Instrumenten
  (1 Pantalon, 1 Clavecin, 2 Paar kupf.
  Pauken, 6 Flöten),
5 315 an Wand- und Consol-Uhren
  und Gehäusen,
10 695 20 an Schränken, Kommoden, Tischen,
2 659 22 an Stühlen und Kanapees,
13 405 an Kronleuchtern und Spiegeln,
7 670 8 an Marmor-Kaminen,
346 18 an Küchengeschirre,
372 16 insgemein.     Hierüber:
350 000 Thlr. Gr. Pf. die Herrschaften Forsta und Pförthen mit Zubehör,
80 000 das Rittergut Gangloff-Sömmern mit Zubehör,
75 000 das Rittergut Nischwitz,
120 000    „        „        Zschepplin,
40 000    „        „        Lindenau mit Tettau,
36 000    „        „        Ober- und Niederlichtenau,
2 480 944 Thlr. 4 Gr. 1 Pf. Latus

[15]

2 480 944 Thlr. 4 Gr. 1 Pf. Transport
72 000 das Rittergut Seifersdorf mit Großnaundorf,
18 000 das Rittergut Bollensdorf,
180 000 das Palais in Dresden,
7 000 das Fürstenbergsche Haus,
2 450 der Weg auf dem Walle,
250 der Platz am Seethore,
50 000 der Garten in Friedrichstadt,
20 000 der Weinberg bei Kötzschenbroda.
2 830 644 Thlr. 4 Gr. 1 Pf. Sa. Srm.

ohne die Güter, Häuser und Besitzthümer in Polen.

Darnach betrug der angenommene Wert der in Sachsen gelegen Güter, Häuser und Grundstücke 1 050 700 Thlr., der Wert des beweglichen Besitzthums nebst Außenständen 1 779 944 Thlr. 4 Gr. 1 Pf.

Hierbei ist unberücksichtigt geblieben eine im Nachlasse vorgefundene Urkunde, d. d. Warschau den 2. Juni 1762, Inhalts deren der Großschatzmeister der Krone Polen, Graf von Wessel, sich verpflichtet hat, auf seine Lebenszeit dem Grafen Brühl bez. dessen Erben oder Cessionarien für eine ihm à fond perdu hergegebene gewisse Summe (deren Betrag und nähere Bewandtnis nicht angegeben ist, von der aber später die Rede sein wird), jährlich 66 000 Thlr. zu bezahlen.

In demselben Nachlaßverzeichnisse werden an Passiven aufgeführt:

8 681 Thlr. 19 Gr. 7 Pf. an Arztlohn und Begräbniskosten,
2 266 15 an Dienstlöhnen,
105 444 19 an auf die sächsischen Güter
  aufgenommenen Darlehen,
174 924 21 2 an in Sachsen aufgenommenen
  handschriftlichen Darlehen,
39 427 12 an dergleichen,
224 915 8 3 an Kaufmannsschulden teils vor dem
  7jähr Kriege, teils seit Anfang desselb.,
555 660 Thlr. 23 Gr. Pf. Latus

[16]

555 660 Thlr. 23 Gr. Pf. Transport
81 582 19 an dergleichen,
30 715 14 4 an Wirtschafts- und Bauschulden,
71 100 an letztwilligen Legaten und Stiftungen,
42 966 6 10 an Schulden aus der Vertretung
  eines verstorbenen Bruders,
66 868 10 1 an bestrittenen Schulden,
442 403 17 2 an in Polen aufgenommenen Darlehen.
1 291 297 Thlr. 18 Gr. 5 Pf. Sa. Srm.

Darnach stellte sich für den sächsischen Nachlaß ein Aktivüberschuß von 1 539 346 Thlr. 9 Gr. 8 Pf. heraus.

Es mag an dieser Stelle die Bemerkung eingeschaltet werden, daß das Palais in Dresden nebst den dazu gehörigen Vorder- und Hinterhäusern nach einer bei den Nachlaßakten befindlichen Angabe der Steuerstube des Rats zu Dresden über die auf das Jahr 1764 zu entrichtenden Gefälle aus folgenden, von Brühl offenbar zu Bauzwecken erworbenen und umgebauten Häusern bestand: dem gräflich Manteuffelschen doppelten Vorderhause am kurfürstlichen Stalle und dem Hinterhause am Klepperstalle, dem Püschelschen Vorderhause und 2 Hinterhäusern, dem Carlowitzschen Hause am Klepperstalle, dem Rößnerschen, dem Tüllmannschen, dem Flebbschen, dem von Erdmannsdorfschen, dem Fleischerschen, Johann Tintusch, Wolfgang Schreiners und Rahnisch' Hause, sowie hierüber aus dem besonderen „ehemaligen Schönbergschen, nachher Königl. sogen. Fürstenbergschen Hause gegenüber dem kurfürstlichen Stalle“, dessen bereits oben Erwähnung gethan worden ist. –

Fast gleichzeitig mit der Anordnung der Versiegelung und Aufzeichnung des Brühlschen Nachlasses war eine andere Maßregel in Vollzug gesetzt worden, welche in ihrer Spitze zweifellos gegen den Grafen Brühl gerichtet war. Bei dem Regierungsantritte des Kurfürsten Friedrich Christian waren alle Landeskassen erschöpft und mit einer großen Schuldenlast beschwert gefunden worden. Weil nun der inzwischen verstorbene Minister die völlige Verfügung über alle Kassen gehabt und sich allem Anscheine nach zu seinen Geld- und Kassendispositionen seiner Vertrauten, des [17] Geheimen Rats Peter Nikolaus Neugarten Freiherrn von Gartenberg – eines aus Norwegen herübergekommenen und in Sachsen angestellten Bergingenieurs –, des Geheimen Kammerrats Karl Heinrich von Heinecken und des Kammerrats Johann Friedrich Hausius bedient hatte, wurden auf kurfürstlichen Befehl diese drei Personen verhaftet und der Geheime Assistenzrat Dr. Gutschmid, der Geheime Kriegsrat Clauder und der Geheime Kabinetssekretär, spätere Hofrat Ferber mit Auftrag versehen, die Ursachen der Kassenerschöpfung und was damit zusammenhing, zu erörtern und die Bücher und Dokumente Brühls zu durchsuchen.

Nachdem inzwischen Kurfürst Friedrich Christian und zwar bereits am 17. Dezember 1763 gestorben war und Prinz Xaver in Vormundschaft des unmündigen Kurfürsten, nachmaligen Königs Friedrich August die Administration von Sachsen übernommen hatte, zeigten die drei Beauftragten mittels Berichts vom 3. Februar 1764[12] dem Administrator an, daß in Bezug auf die in die Hände des Ministers Grafen von Brühl gelangten Staatspapiere und sonstigen Gelder, auch bezüglich des von dem polnischen Großschatzmeister Grafen von Wessel dem Minister schriftlich gegebenen Geldversprechens und sonst sich Verdachtsgründe herausgestellt hätten, welche die Einleitung einer legalen Untersuchung und die Bestellung einer besonderen Untersuchungs-Kommission gerechtfertigt erscheinen ließen.

Alsbald wurde durch Verordnung des Geheimen Konsils vom 8. Februar 1764[13] eine Untersuchungs-Kommission zur Vernehmung der Verhafteten, zur Entschließung wegen deren etwaiger Entlassung und zur gründlichen Untersuchung ernannt. Sie bestand unter dem Vorsitze des Landvoigts und Konferenzministers von Stammer, für welchen wegen dessen öfterer amtlicher Abwesenheit in der Oberlausitz bald darauf ein Stellvertreter in der Person des Vizekanzlers von Poligk bestellt wurde, aus dem Geheimen Kammerrat Dr. Wagner, dem Geheimen Kriegsrat Clauder – diesem wegen der polnischen Angelegenheiten –, den Hof- und Justizräten [18] von Pöllnitz und Dr. Schumann, ferner wegen der nötigen Kenntnis des Kassenwesens aus dem Steuerrat Rabener und dem Accisrat Köhler, sowie aus dem Oberamtmann Dr. Reinhold, welcher das Directorium Actorum zu führen hatte.

Zur Erledigung dieses Punktes sei sogleich hier bemerkt, daß bei der Untersuchung sich zwar gegen die drei verhafteten Personen erheblicher Verdacht ergeben hat, daß sie ihre Vertrauensstellung zu dem Minister zur Erlangung mancher teils größerer, teils geringerer Vermögensvorteile zum Teile in strafbarer Weise – wie z. B. bei der Erteilung der damals üblichen, von dem Administrator ein- für allemal beseitigten Ämter-Exspektanzen – gemißbraucht haben, daß aber in Bezug auf das Hauptziel der Untersuchung sich etwas Erhebliches gegen sie nicht herausgestellt hat. Es ist deshalb den beiden von Gartenberg und von Heinecken gegen Erlegung nicht ganz unbedeutender Summen Abolition erteilt worden, während gegen Hausius rechtliches Erkenntnis eingeholt worden ist.

In der Hauptsache erstattete die Untersuchungs-Kommission nach eingehender Untersuchung unter dem 26. Februar 1765 an das geheime Konsil einen sehr ausführlichen, auf Akten, Rechnungen und Zeugenaussagen gegründeten Bericht[14], welcher im Wesentlichen, soweit die Kommission sich dem dermaligen allgemeinen Verdammungsurteile über Brühl entziehen konnte, objektiv gehalten, aber allerdings ganz zu Ungunsten des Ministers ausgefallen ist.

Der Bericht beginnt mit einer Darlegung, wie der Minister seit dem Regierungswechsel 1733 und bei dem großen, von dem Kurfürsten Friedrich August II. in ihn gesetzten Vertrauen bedacht gewesen sei, alle seinen willkürlichen Kassendispositionen entgegenstehenden Schranken aus dem Wege zu räumen. Es folgt eine Aufzählung der Reihenfolge der Ämterübertragung auf ihn, mit gleichzeitiger Angabe des schnellen Anwachsens der Landesschulden. Bei zwar großen Landesbedürfnissen in Folge der Zeitumstände habe Graf von Brühl die Schulden durch seine Kassendispositionen vermehrt. Nach einer weitläufigen Darlegung, welche [19] zunächst indirekt zugleich den Vorwurf strafbaren Gebahrens mit Kassengeldern enthält, folgt eine allgemeine Übersicht über seinen Aufwand. Derselbe sei ein außerordentlicher gewesen und zwar ein viel größerer, als es seine Stellung eigentlich erfordert hätte[15]. Graf Brühl habe viele Grundstücke und Güter in Polen und Sachsen, die er nicht vom Könige geschenkt bekommen habe, gekauft und kostbare Bauten aufgeführt, wie z. B. nach einem allgemeinen Überschlage und den Angaben eines Vertrauten auf das Gut Nischwitz gegen 200,000 Thlr., auf das – anscheinend wieder verkaufte – Gut Grachwitz gegen 100 000 Thlr., auf die Herrschaften Forsta und Pförthen gegen 500 000 Thlr., auf das Palais in Dresden (wahrscheinlich einschließlich der Gebäude auf dem Walle, besonders auch des prächtigen, von Brühl nach 1747 erbauten Belvedere, das mit dem Garten von den Preußen verwüstet wurde), und auf den Garten in Friedrichstadt gegen 1 000 000 Thlr. verwendet worden seien. Ebenso seien auf die Güter in Polen und das Palais in Warschau, deren Bauten die Gräfin Brühl geleitet und fortwährend verändert habe, viele Summen verwendet worden. Obwohl Brühl einen großen Teil der Bücher seiner Bibliothek geschenkt erhalten, habe sie ihn noch gegen 60 000 Thlr. gekostet, die Bildergallerie, obschon großenteils Geschenke namentlich des Kurfürsten, gegen 50 000 Thlr. Am wenigsten habe das Naturalien-Kabinet, dessen Hauptteil die vom Kurfürsten geschenkten geschnittenen Steine ausgemacht, sowie das Kupferstich-Kabinet gekostet, welches Brühl teils wohlfeil gekauft, teils durch die ihm angeblich[16] geschenkten Doubletten aus dem kurfürstlichen Kupferstich-Salon zusammengebracht habe.

Die Juwelen und andere Kostbarkeiten hätten bedeutende von Brühl selbst bezahlte Summen erfordert, desgleichen die kostbaren Juwelen der Gräfin Brühl und der Gräfin Mniszech. Die Ausgabe für die Garderobe – ungerechnet diejenige der Gräfin – [20] habe jährlich 36 000 Thlr. betragen. Die Ausgaben der Gräfin seien, wie bekannt, sehr groß gewesen, so daß Brühl selbst öfters darüber geklagt habe. Dieselben hätten – außer dem Handgelde der Gräfin von monatlich 1 000 Thlr. – jährlich über 24 000 Thlr., zusammen somit über 36 000 Thlr. betragen. Die Gräfin Mniszech, welcher bei ihrer Verheiratung zur Abfindung 100 000 Kaisergulden mitgegeben worden, habe eine so reichliche Ausstattung erhalten, daß sie nach Brühls eigener Angabe keine Ursache habe, sich wegen ihres Pflichtteils für verletzt zu erklären. Die Reisen der Söhne hätten soviel gekostet, daß Brühl selbst geklagt habe, diese Depensen würden, wenn sie so fortdauerten, ihn ruinieren. Von dem Silberwerke habe allein das große Service, welches Brühl vor 1741 in Paris habe anfertigen lassen, 100 000 Thlr. blos an Silberwert gehalten, ohne die Kosten der Façon. Derselbe habe viele Geschenke und Gratifikationen gewährt: das Spiel und die alchymistischen Versuche, welche er seit 1740 und auch während der Kriegsjahre habe fortstellen lassen, hätten Ansehnliches gekostet.

Nach diesem Allen wird sein Jahresaufwand seit über 20 Jahren auf gegen 1 000 000 Thlr. berechnet.

Zugleich wird anerkannt, daß er namentlich im letzten Kriege sehr bedeutende Verluste an seinen Gütern[17] und an baarem Vermögen erlitten habe; doch habe er gerade während dieses Kriegs sein Palais in Warschau auf das kostbarste ausgebaut und möblirt.

Zu diesem Aufwande hätten seine sehr reichlichen ordentlichen Einnahmen nicht ausgereicht.

Weder aus dem Berichte der Untersuchungs-Kommission, noch sonst aus den Akten ist der Betrag der eigentlichen Besoldungen aus seinen verschiedenen Ämtern vollständig zu ersehen. Nach einer glaubhaften Quelle[18] bestand seine Besoldung in

8 000 Thlr. als Geheimer Rat,
1 900 als Kämmerer,
9 900 Thlr. Latus

[21]

9 900 Thlr. Transport
9 700 als Kammerpräsident,
525 als Ober-Steuereinnehmer,
700 als Vice-Obersteuerdirektor,
4 750 als Obersteuerdirektor,
2 350 als Zeitzischer Obersteuereinnehmer,
3 250 als General-Accisdirektor,
660 als Accisbesoldung,
7 300 tägliche Auslösung zu 20 Thlr.,
540 für einen Generalstabs-Sekretär,
1 800 als Meßauslösung,
300 dergleichen,
1 500 zu verschiedenen überlassenen Ausgaben[WS 1]
  aus der Kammer,
1 200 als Deputat auf 24 Pferde,
3 000 wegen der Stift Merseburgischen Rentkammer,
1 500 wegen der Zeitzischen Rentkammer,
1 700 als Direktor der Ober-Rechnungsdeputation,
1 467 als Obrister,
52 142 Thlr. ohne die, übrigens mäßige, Einnahme als Propst und aus den Kanonikaten.

Dagegen wird in dem Berichte auf Grund einer Ausrechnung aus den Büchern der Landeskassen festgestellt, daß an ordentlichen Besoldungen, Deputaten, Sporteln und anderen Emolumenten zusammen von 1733 bis 1763 2 697 225 Thlr. – also durchschnittlich jährlich 89 907 Thlr. – aus den kurfürstlich sächsischen Kassen an ihn gezahlt worden sind und daß er hierüber an außerordentlichen Begnadigungen teils in baar, teils in Kammer-, Steuer- und Accis-Scheinen noch 817 227 Thlr. erhalten hat. Seine Güter und Herrschaften in Sachsen hätten nach dem Ertragsanschlage von 1756 50 281 Thlr. (während des Kriegs jedenfalls weniger), seine Güter und Starosteien in Polen nach einem Anschlage für 1. Januar 1762 bis dahin 1763 104 652 Thlr. eingebracht.

Außerdem habe er noch gelegentliche andere Einnahmen und geheime Revenüen bezogen. Er habe mehrere Güter unter dem [22] wahren Werte gekauft und mit Kammer-, Steuer- und Accis-Scheinen, welche er ohne Gewährung der Valuta an sich gebracht habe, bezahlt; einige ihm vom Kurfürsten geschenkte Grundstücke habe er wieder an die Kammer zu hohem Preise abgetreten: er habe die polnischen Salzbergwerke eine Zeit lang erpachtet gehabt, aber die Pachtgelder nicht bezahlt, habe dann diesen Pacht aufgegeben, unter dem Vorgeben, „um lieber dem Könige diesen Vorteil zuzuwenden, als ihn selbst zu ziehen“, und sei hierauf mit der Verpachtung dieser Bergwerke beauftragt worden. Mit dieser späteren Verpachtung, wobei der Großschatzmeister Graf von Wessel beteiligt gewesen sei, stehe dessen bereits oben erwähntes schriftliches Versprechen der Zahlung einer Summe von jährlich 66 000 Thlr. an Brühl in Zusammenhang. Auch habe der letztere im Jahre 1751 ein Tabaks-Manufaktur-Privilegium für Sachsen nebst Tabaksfabrik in Hosterwitz verliehen erhalten, aber dasselbe auf Beschwerde der Leipziger Kaufmannschaft und nach Feststellung erheblicher Nachteile für den allgemeinen Handel bereits im Jahre 1752 gegen eine Entschädigung von 100 000 Thlr. zurückgegeben.

Im Übrigen habe derselbe durch seine Vorkehrungen die vollständige Kenntnis und Entdeckung seiner Einnahmen und Ausgaben unmöglich gemacht. Er habe seine Hauptkasse in eigenem Verschlusse gehabt und daraus die stärksten und meisten Ausgaben bestritten. Die Einnahme der Revenüen habe er durch verschiedene Personen bewirken lassen, jede derselben habe Monats- oder Meß-Rechnungen ablegen müssen, Brühl habe stückweise jedem dieser Einnehmer Generalquittungen erteilt und zwar sehr oft ohne Angabe der Summen. Eine jährliche vollständige Hauptrechnung sei nicht angefertigt worden. Graf Brühl habe wiederholt und noch kurz vor seinem Tode die Verbrennung der Rechnungsbücher befohlen, was indessen nicht geschehen sei. Bei dem letzten Befehle habe er zu Heinecken gesagt, er könne es nicht leiden, daß Jemand seine Einnahmen und Ausgaben nachrechne. –

Da die Feststellung der Ursachen der Erschöpfung aller Landeskassen und der Schuldenanhäufung an sich über das Ziel hinaus geführt haben und zwecklos gewesen sein würde, so war [23] das Hauptstreben der Untersuchungs-Kommission darauf gerichtet, zu ermitteln und festzustellen, welche Summen Graf Brühl in unrechtmäßiger Weise aus den Staatskassen an sich gebracht habe.

Diese Aufgabe hatte insofern besondere Schwierigkeiten, als viele Accisscheine, welche für den Kurfürsten ausgefertigt worden, durch Brühls Hände gegangen waren, als dieser ferner unter dem mit Autorisation des Kurfürsten gebrauchten unbestimmten Titel: „zu einem gewissen Behufe“ zu verschiedenen Malen Steuerscheine hatte ausfertigen lassen, welche er an sich nahm, und als während seiner gebietenden Stellung, da er allein bei dem Kurfürsten Gehör hatte, Niemand den Mut fand, seinem bezüglichen Verfahren entgegen zu treten. Eine genaue Kontrole war unter diesen Umständen ziemlich unmöglich geworden. Die Kommission hat deshalb nach den ihr gebotenen Unterlagen mit möglichster Sorgfalt zu berechnen unternommen, wie viel Scheine von den betreffenden Hauptkassen ohne Gewährung der Valuta ausgefertigt und in die Hände des Ministers hinausgegeben worden waren und welche Summen derselbe bei dem Ankaufe mehrerer Güter mit Steuer- und dergleichen Scheinen bezahlt hatte. Bei diesen Ermittelungen kam zugleich die eigentümliche Thatsache zu Tage, daß verschiedene Scheine auf den fingirten Namen „Hieronymus von Pradewühl“ und „Theresianus“[19], unter welchen Namen von Brühl sich verborgen haben sollte, ausgefertigt worden waren.

Hiernach und auf Grund mancher bloßen Wahrscheinlichkeitsannahme gelangte die Untersuchungs-Kommission zu dem Endergebnisse, daß der Brühlsche Nachlaß gegen die kurfürstlichen Kassen die Summe von 4 631 456 Thlr. 4 Gr. 3 Pf. und zwar:

2 950 647 7 3 gegen die Rentkammer,
392 800 gegen das Ober-Steuerärar,
997 500 gegen die General-Accis-Kasse,
290 508 20 gegen die Porzellan-Manufaktur-Kasse,

zu vertreten habe excl. Zinsen und etwaige weitere Vertretungsposten. Indem die Kommission das Vergreifen an landesherrlichen [24] Kassen als Crimen laesae majestatis bezeichnete, erklärte sie das Suchen von Entschädigung aus dem Nachlasse für gerechtfertigt. Zugleich schlug sie vor, wegen dieser Ansprüche den ganzen Brühlschen Nachlaß unter Sequestration zu stellen.

Das Geheime Konsil erkannte mittels an die Untersuchungs- Kommission erlassenen Reskriptes vom 17. Mai 1765[20] den mühsamen Fleiß und die einsichtige Darstellung derselben mit dem Bemerken an, daß wegen der beantragten Sequestration sowie wegen Bestellung eines Procurator fisci das Nötige verfügt worden sei.

Zugleich erging unter demselben 17. Mai aus dem Geheimen Konsil an eine aus dem wirklichen Geh. Kammer-, auch Kammer- und Bergrat Dr. Wagner, dem Hof- und Justizrat Dr. Schumann und dem Oberamtmann Dr. Reinhold gebildete Sequestrations-Kommission Verordnung, alle zum Brühlschen Nachlasse gehörigen, im kurfürstlichen Territorium gelegenen beweglichen und unbeweglichen Güter, auch alles sonstige Vermögen zur Sicherung des Fiskus zu sequestriren[21]. Nicht weniger wurde ein Dr. Töpfer, welcher bereits den Erörterungen der Untersuchungs-Kommission beigewohnt hatte, zum Procurator fisci bestellt und mit Einreichung einer Schädenklage gegen den Brühlschen Nachlaß bei dem Appellationsgerichte beauftragt. Sequestration und Klaganstellung ist darauf erfolgt.

Gegen diese Maßregeln haben die Brühlschen Söhne eine Vorstellung vom 5. Oktober 1765[22] eingereicht. Auf den Vorwurf unrechtmäßigen Gebahrens mit Kassengeldern Seiten ihres Vaters lassen sie sich darin nicht ein. Nach ihrem Alter und den sonstigen Umständen läßt sich wohl annehmen, daß sie sich weder darum bekümmert, noch sonst Kenntnis davon gehabt haben, mit welchen Mitteln ihr Vater seine Ausgaben bestritten habe. Sie bezogen sich vielmehr darauf, daß ihr Vater zur Erhaltung der Würde des königlichen Hofs, wie insbesondere bei der Vermählung dreier Prinzessinnen und sonst bei der fortwährenden Anwesenheit von Gesandten [25] fremder Mächte und anderer hervorragender Personen einen großen Aufwand habe machen müssen, daß er immer in Gnaden angesehen worden wäre, daß er durch den letzten Krieg an Gütern und baarem Vermögen sehr ruinirt worden und in eine Schuldenlast von 1 200 000 Thlr. verfallen und daß es längst bekannt sei, wie die kurfürstlichen Fonds in Folge der drei unglücklichen Kriege von 1740, 1745 und 1756 verschuldet worden. Auch bezogen sie sich u. a. auf das bereits oben erwähnte Dekret des Kurfürsten Friedrich August II. vom 25. August 1765, wonach eine Versiegelung des Nachlasses ihres Vaters unterbleiben und letzterer und seine Erben deshalb zu keiner Zeit in einigen Anspruch oder Rechtfertigung gezogen werden sollten.

Allein das Geheime Konsil ließ es laut Reskripts vom 12. Dezbr. 1765[23] bei der getroffenen Maßregel mit dem Bemerken bewenden, daß die Ausführung der fiskalischen Ansprüche nur im Rechtswege gesucht werde und daß das Dekret vom 25. August 1763 hierauf nicht zu beziehen sei. Gründe dafür sind nicht angegeben.

Die Untersuchungs-Kommission ist in einem Berichte vom 1. März 1766[24] dieser Auffassung beigetreten, zumal erst nach Brühls Tode verschiedene versteckte Kassendispositionen zu Tage getreten seien. Allerdings habe der siebenjährige Krieg dem Grafen Brühl große Verluste in Sachsen gebracht, allein der Verstorbene hätte nur seinen übermäßigen Aufwand etwas beschränken sollen. Der große Passivbestand des Nachlasses werde dadurch erklärlich, daß der plötzliche Tod des Kurfürsten Friedrich August II. den Minister verhindert habe, die Schuldenlast auf die sächsischen Kassen zu bringen. –

Indessen muß die Durchführung des Rechtsanspruchs – vielleicht aus den oben angedeuteten Gründen – nicht ganz leicht erschienen sein.

Nach einem Reskripte des Geheimen Konsils vom 19. Februar 1768[25] wurde der fiskalische Anspruch fallen gelassen und – [26] höchst wahrscheinlich nach einem mit den Brühlschen Erben getroffenen Übereinkommen – von dem sequestrirten Nachlasse nominell nur den Betrag von 210 625 Thlr. innebehalten, und zwar sollte dieser Betrag teils, wie schon im Laufe der Nachlaßverhandlungen geschehen war, auf Rechnung der Erben zur Befriedigung inländischer Brühlscher Gläubiger verwendet, teils sollten 49 000 Thlr. Porzellan-Kassenscheine an die Porzellan-Kassenkommission zur Kassation, sowie 25 000 Thlr. landschaftliche Obligationen an die Ober-Steuereinnahme zur Einrechnung abgegeben werden.

Gleichzeitig wurde die Sequestration aufgehoben und der übrige Nachlaß den Erben des Grafen Brühl zur Verfügung ausgehändigt.

Die Bibliothek und ein Teil der kostbaren Sammlungen ist noch im Jahre 1768 für die kurfürstlichen Sammlungen erworben, die Bildergallerie in demselben Jahre zum großen Teile von der Kaiserin von Rußland gekauft worden.

Da im Jahre 1791 das frühere Brühlsche Bibliothekgebäude auf der Terrasse Sitz der Kunstakademie geworden und das sogenannte Fürstenbergsche Haus, worin die Akademie mehrere Jahre untergebracht war, dem Finanzkollegium eingeräumt worden ist, so ist anzunehmen, daß die Brühlschen Söhne diese Gebäude bald nach dem Jahre 1768 an den Staat verkauft haben. –

Wenn nach dem Bisherigen der Minister Graf Brühl in Bezug auf seine Gewissenhaftigkeit in Geldsachen nicht ohne Flecken bleibt, so läßt sich wenigstens ein Lichtblick herausfinden. Nach der vorlängst erfolgten Heilung der Schäden, welche in jener Zeit Sachsen zugefügt worden, sind die großen Kunstsammlungen geblieben, welche damals teils gegründet, teils erheblich vermehrt worden sind und auf welche Sachsen und insbesondere Dresden stolz zu sein alle Ursache hat. Bei dem großen Einflusse, welchen Brühl auf den Kurfürsten Friedrich August II. gehabt hat, läßt sich unbedenklich annehmen, daß die Gründung und Vermehrung dieser Sammlungen auch mit sein Werk sei.



  1. Bericht der später zu erwähnenden Untersuchungs-Kommission Bl. 11 fg. Vol. I. B. der Unters.-Akten.
  2. Vol. I. C. Bl. 15 der Unters.-Akten.
  3. Gretschel, Gesch. des sächs. Volks und Staats Bd. 3 S. 134.
  4. Über dessen Lebensgeschichte vgl. von Weber im Archiv für sächs. Gesch. Bd. 4 S. 242.
  5. Beglaubigte Abschrift Bl. 38 fg. Vol. I. der Nachlaßakten. – Vollständiger Abdruck bei Weiße, Mus. für die sächs. Gesch. Th. 2 Stück 2 S. 44 fg.
  6. Bei seinem Tode besaß er auch den Russ. Alexander-Newsky-Orden.
  7. Nach Gretschel a. a. O. S. 6 hat Brühl 1740 ein Buch unter dem Titel: Die wahre und gründliche Gottseligkeit der Christen insgemein, nebst einer Abhandlung vom Gebete, herausgegeben. S. auch Weiße a. a. O. S. 46 N. c.
  8. Es befand sich eine Leinwand- und Tapetenfabrik in Pförthen, eine Tuchfabrik und ein Eisenhammer in Forsta.
  9. Lt. Dekrets des Geheimen Konsils an die später zu erwähnende Sequestrations-Kommission vom 5. Septbr. 1765 ist diese Exspektanz als erschlichen für unwirksam erklärt worden.
  10. Bl. 101 Vol. VI. der Nachlaßakten und Bl. 17 Vol. I C. der Unters. Akten.
  11. Bl. 1 und 2 fg. Vol. I. der Nachlaßakten.
  12. Bl. 3 fg. Vol. I. A. der Untersuchungs-Akten.
  13. Bl. 1 Vol. I. A. der Untersuchungs-Akten.
  14. Bl. 11 fg. Vol. I. B. der Unters.-Akten.
  15. Zeitgenossen geben seine Dienerschaft auf 200 Köpfe an, und nach der Versicherung solcher, welche an seiner Tafel gespeist haben, soll dabei ein größerer Luxus geherrscht haben, als an vielen fürstlichen Tafeln.
  16. Es sind hierüber viele, jedoch nicht erfolgreiche Erörterungen angestellt worden.
  17. Außer dem Schlosse in Pförthen und dem Belvedere ist auch sein Schloß in Nischwitz vom Feinde verwüstet worden.
  18. Weiße, a. a. O. S. 102.
  19. Etwa zu Ehren der Freundin Brühls, der Sängerin Theresia Albuzzi Todeschini?
  20. Bl. 230 Vol. I. B. der Unters.-Akten.
  21. Bl. 1 Vol. I. der Sequestrations-Akten, welche auf über 40 Bände angewachsen sind.
  22. Bl. 5 Vol. I. C. der Unters.-Akten.
  23. Bl. 1 Vol. I. C. der Unters.-Akten.
  24. Bl. 43 fg. dess. Vol.
  25. Bl. 1 der Akten, die Wiederaufhebung der Sequestration betr.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. in der Vorlage: Ausgabeen