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Walther Kabel: Der Schlingensteller. In: Der Mord im maurischen Pavillon, S. 78–96

nun, – guten Morgen. Vergessen Sie auch nicht, Jaworski meinen Besuch anzusagen.“ –

Markdorf war, nachdem er die Oberförsterei verlassen hatte, von dem Fahrwege in einen schmalen Fußsteig eingebogen, der querfeldein auf die kaum drei Kilometer entfernte, am Waldrande liegende Besitzung Kasimir Jaworskis zuführte. Die kalte Winterluft und die feierliche Stille in der weißen Einsamkeit, ließen seine Gedanken bald langsamer kreisen und milderten die wilde Empörung, die das für ihn so verletzende Verhör seines Vorgesetzten und die ganze unfreundliche Behandlung in ihm hervorgerufen hatte. Aber jetzt, wo er nochmals die Einzelheiten dieser ihm völlig unerklärlichen Denunziation in Ruhe durchging, erschien ihm der Sachverhalt immer verworrener. Er sann vergebens nach, wer ihn in so heimtückischer Weise verdächtigt und woher der Verfasser des Briefes besonders seine Verlobung erfahren hatte. Denn der erste selige Kuß, den er vorgestern im schweigenden Forst von der Geliebten empfing, konnte ja keine Zeugen gehabt haben. Nur die froststarrenden Eichen und ein hoch in den Zweigen krächzender Eichelhäher hatten sein junges Glück geschaut.

Als er sich dann den ziegelbedeckten, sauber gehaltenen Gebäuden der Besitzung näherte, sah er schon von weitem den Alten auf dem Hofe stehen, wie er gerade unter einer Schlittenkufe einen neuen Eisenbeschlag befestigte. Jaworski erwiderte den Gruß des ihm wohlbekannten Försters aufs herzlichste, legte Hammer und Nägel beiseite und nötigte ihn in das behaglich durchwärmte Wohnzimmer. Während er sich hier gemächlich den dicken Schafpelz auszog, den er über seiner Joppe trug, sagte er in fließendem, wenn auch etwas gebrochenem Deutsch:

„Meine Tochter ist nach der Stadt gefahren, Herr Förster, wollte aber mittags wieder zu Hause sein.“ Und mit einem prüfenden Blick in das ernste Gesicht seines Gastes, der diese Bemerkung absichtlich überhört zu haben schien, fügte er hinzu: „Ist Ihnen etwas

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Walther Kabel: Der Schlingensteller. In: Der Mord im maurischen Pavillon, S. 78–96. Verlag moderner Lektüre G.m.b.H., Berlin 1920, Seite 83. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Der_Schlingensteller.pdf/6&oldid=- (Version vom 31.7.2018)