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Walther Kabel: Der Schlingensteller. In: Der Mord im maurischen Pavillon, S. 78–96

Unangenehmes passiert? Sie sehen ja so bedrückt aus –“

Markdorf hatte es sich schon auf dem Hinwege überlegt, daß es wohl das beste sein würde, wenn er seinem zukünftigen Schwiegervater in allem reinen Wein einschenkte. Und während er jetzt die ihm angebotene Zigarre aus der Kiste nahm und die Spitze abschnitt, begann er dem Alten, der sich ihm gegenüber[1] an den großen Tisch in einen bequemen Korbstuhl gesetzt hatte, zunächst seine heutige Unterredung mit dem Oberförster beinahe Wort für Wort zu wiederholen.

In Jaworskis faltigem, bartlosem Gesicht mit den listigen, klugen Äuglein und dem fuchsschlauen Lächeln um den energischen Mund, spiegelte sich dabei eine ganze Reihe von wechselnden Empfindungen wieder. Er unterbrach Markdorf jedoch mit keiner Silbe. Als ihm dann aber der Besuch des Oberförsters für den nächsten Morgen angekündigt wurde, lachte er stillvergnügt in sich hinein. Auch über die nun folgende Werbung, die Markdorf mit wenigen, aus ehrlichstem Herzen kommenden Worten vorbrachte, schien er nicht im geringsten überrascht, streckte seinem Gaste nur freundlich die Hand über den Tisch hin und nickte ihm recht verheißungsvoll zu.

„Ich hatte mir eigentlich vorgenommen, bei Ihnen erst nach dem Eintreffen des Briefes meiner Eltern um Maria anzuhalten,“ sagte der junge Förster zum Schluß erklärend. „Aber die Umstände dulden[2] diesen Aufschub nicht mehr. Ich wollte möglichst schnell diese Ungewißheit loswerden, die mich schon seit Wochen peinigt, eben seit der Zeit, als ich zum ersten Mal die Drahtschlingen in Ihrem Kohlfelde fand. Und Sie müssen mir gegenüber jetzt auch ganz ehrlich sein –“

Jaworski schaute erst eine Weile nachdenklich aus das bunte Muster der Tischdecke, bis er in seiner langsamen Art antwortete: „Zunächst zu Ihrer Werbung. Ich wußte längst, daß zwischen Ihnen und Maria irgend etwas vorgeht. Ich habe auch dafür scharfe Augen. Und wenn ich bisher nichts sagte, so geschah es


  1. Vorlage: gegenber
  2. Vorlage: durlden
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Walther Kabel: Der Schlingensteller. In: Der Mord im maurischen Pavillon, S. 78–96. Verlag moderner Lektüre G.m.b.H., Berlin 1920, Seite 84. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Der_Schlingensteller.pdf/7&oldid=- (Version vom 31.7.2018)