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Kammer von dem neuen Ministerium der „großen Männer“, mit Gahzi Achmed Muktar Pascha als Großwezir, nach Hause geschickt. Der unglückliche Balkankrieg führte kurz vor seinem Ausgange die Jungtürken, die inzwischen die konservativen Elemente aus dem Komitee ausgeschieden hatten, zur Herrschaft zurück. Die Wiedergewinnung von Adrianopel gab ihnen ein gewisses Prestige und das Komplott der liberalen Opposition, dem am 11. Juli 1913 der Kriegsminister Machmud Schewket Pascha zum Opfer fiel, wurde mit der rücksichtslosen Verfolgung aller Elemente, die sich der Parteiherrschaft des Komitees widersetzten, beantwortet.

Die Folge der Kämpfe innerhalb des Komitees war eine Verschärfung der zentralistischen und panislamischen Grundsätze.

Der europäische Krieg brach aus, und die Frage der Teilnahme der Türkei am Kriege rief neue Gegensätze innerhalb des Komitees hervor. Die Jungtürken waren von Hause aus ententefreundlich. Das konstitutionelle Programm war in Paris geboren und in London getauft worden. Die Grundsätze der französischen Revolution und das Vorbild des englischen Parlamentarismus beherrschten die Köpfe der jungtürkischen Revolutionäre. In den ersten Wochen der Verfassung wurde kein Buch in den Buchläden von Konstantinopel so häufig begehrt, als Thiers’ Geschichte der französischen Revolution. Es dauerte geraume Zeit, bis der deutsche Einfluß sich in Konstantinopel wieder gegen den englischen und französischen behaupten konnte. Erst das Interesse an der Reorganisation des türkischen Militärs und der Wunsch, sich nach allen Seiten die Unabhängigkeit zu wahren, ließ den deutschen Einfluß wieder erstarken. Aber noch im Herbst 1911 wurde vom jungtürkischen Kongreß in Saloniki die Stellung zu den Mächten folgendermaßen präzisiert:

Mit Bezug auf die Großmächte muß sich die Türkei reserviert halten und darf, bis sie militärisch erstarkt ist, kein Bündnis abschließen, weil sonst ihre Unabhängigkeit
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Johannes Lepsius: Der Todesgang des armenischen Volkes. Tempelverlag, Potsdam 1919, Seite 223. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Der_Todesgang_des_armenischen_Volkes.pdf/258&oldid=- (Version vom 31.7.2018)