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Christian Schad (Hrsg.): Deutscher Musenalmanach, 7. Jahrgang

     Ja, lieben Leute, erdenwärts

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Senkt sich bescheidentlich mein Blick

Und findet hier das Meisterstück
Der Schöpfung: unser Menschenherz.

     Wie herrlich auch der Sonne Pracht,
Wie lieblich auch in stiller Nacht

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Das Mondenlicht, der Sterne Glanz,

Wie stralend der Kometenschwanz –

     Die Himmelslichter allesammt,
Sie sind nur eitel Pfennigskerzen,
Vergleich ich sie mit jenem Herzen,

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Das in der Brust des Menschen flammt.


     Das ist die Welt in Miniatur,
Hier gibt es Berge, Wald und Flur,
Einöden auch mit wilden Bestjen,
Die oft das arme Herz beläst’gen. –

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     Hier stürzen Bäche, rauschen Flüsse,

Hier gähnen Gründe, Felsabschüsse,
Viel bunte Gärten, grüne Rasen,
Wo Lämmlein oder Esel grasen. –

     Hier gibt’s Fontainen, welche springen,

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Derweilen arme Nachtigallen,

Um schönen Rosen zu gefallen,
Sich an den Hals die Schwindsucht singen.

     Auch an Abwechslung fehlt es nicht;
Heut’ ist das Wetter warm und licht,

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Doch morgen schon ist’s herbstlich kalt,

Und nebelgrau die Flur, der Wald.

Empfohlene Zitierweise:
Christian Schad (Hrsg.): Deutscher Musenalmanach, 7. Jahrgang. Stahel'sche Buchhandlung, Würzburg 1857, Seite 395. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Deutscher_Musenalmanach_(7)_1857.djvu/413&oldid=- (Version vom 31.7.2018)