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Aufleuchten der im ganzen Weltraume in den verschiedensten Dichtigkeiten vorhandenen und wandernden kosmischen Staubmassen zu erkennen ist.

Was nun die Sonne selber betrifft, so haben in unserem Vierteljahrhundert das Bedeutendste in der spektralen und photometrischen Ergründung, sowie in der photographischen Aufnahme der Sonnenzustände nicht die deutschen Astronomen, sondern wohl Hale im Yerkes-Observatory in Nord-Amerika und Deslandres in Paris (Meudon) beigetragen.

Es ist unzweifelhaft festgestellt worden, daß in den verschiedenen Schichten der Sonnenoberfläche Wirbelbewegungen elektrisch wirksamer Gasmassen und hierdurch magnetische Felder entstehen, und es ist von den norwegischen Forschern Störmer und Birkeland theoretisch und experimentell nachgewiesen worden, daß die irdischen Polarlichterscheinungen sich immer vollständiger erklären lassen durch ein Zusammenwirken des Erdmagnetismus mit Kathodenstrahlungswirkungen, die von der Sonne ausgehen. –

Was sodann die Planeten betrifft, so sind für Merkur, Venus, Mars aus letzter Zeit keine Forschungsergebnisse von erheblicher Novität zu verzeichnen.

Um die Erforschung der Zustände des Planeten Jupiter hat sich besonders auch Fauth in Landstuhl verdient gemacht. Die neuesten Entdeckungen in der Jupiterwelt betreffen aber die Trabanten. Zu den fünf, uns am Anfang unseres Vierteljahrhunderts bekannten Trabanten sind zwei hinzugekommen, die auf dem Lick-Observatory entdeckt wurden, und noch einer, der achte Trabant, der in Greenwich entdeckt wurde und so lichtschwach ist, daß er dem Auge selbst mit den stärksten Fernrohr unsichtbar und nur mit Dauerphotographie wahrzunehmen und in seiner Bewegung zu verfolgen ist. Dieser Trabant bewegt sich auch nicht in der Richtung, wie die übrigen Jupitertrabanten, und seine Bahnebene, ebenso wie diejenige des 6. und 7. Trabanten, ist stark geneigt gegen die Ebene des Jupiteräquators, mit welcher die Bahnebenen der fünf inneren Trabanten nahe zusammenfallen. Es ist danach wahrscheinlich, daß die drei jetzt erst entdeckten Trabanten, die übrigens vom Jupiter auch viel weiter als die fünf bis dahin bekannten abstehen, nicht dieselbe Entstehungsgeschichte haben, wie diese letzteren, sondern sozusagen vom Jupiter „eingefangene“ kleine Planeten sind. Die vorstehende Mitteilung möge eine Ergänzung bilden zu dem früher über die Beteiligung der deutschen Astronomen an der Erforschung der kleinen Planeten Gesagten.

An der Erforschung von Saturn, Uranus und Neptun ist die deutsche Astronomie in unserem Vierteljahrhundert hauptsächlich durch von Seeliger und Hermann Struve beteiligt gewesen. Dem ersteren werden tiefgehende Untersuchungen über die Ringsysteme, dem letzteren über die Trabanten des Saturn verdankt. Zu den bisher bekannten 8 Trabanten des Saturn sind neuerdings noch zwei hinzugekommen, deren Entdeckung den photographischen Aufnahmen des Harvard-Observatory durch W. H. Pickering verdankt wird. Zu von Seeligers Untersuchungen über die Saturnringe sind ergänzend und bestätigend die spektrographischen Messungen von Keeler auf dem Lick-Observatory hinzugekommen, so daß wir jetzt sicher annehmen können, die Ringe seien nichts anderes, als Scharen von kleinsten planetarischen Massen, die sich in gewissen Phasen der Entwickelung des Planeten Saturn und seiner sehr schnellen Rotation

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Diverse: Deutschland unter Kaiser Wilhelm II. – Band 3. Verlag von Reimar Hobbing, Berlin 1914, Seite 1275. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Deutschland_unter_Kaiser_Wilhelm_II_Band_3.pdf/146&oldid=- (Version vom 20.8.2021)