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375 Und dann wird ein winterlicher Hauch auf Erden wehen, 376 und die Ebene wird sich ’wiederum‘[1] mit bösem Kriege füllen. 377 Denn Feuer wird von den himmlischen Gegenden den Menschen regnen, 378 Feuer und Blut, Wasser, Blitzstrahl, Dunkel, Nacht vom Himmel, 379 und Verderben im Krieg und Nebel bei dem Morden 380 wird alle zusammen vernichten, die Könige, und die zu der Zeit die besten [Männer] sind. 381 Und dann wird somit aufhören das jämmerliche Verderben des Kriegs, 382 und nicht mehr wird man mit Schwertern kämpfen, noch mit Eisen, 383 noch mit den Geschossen selbst, die ihnen[2] nicht erlaubt sein werden. 384 Frieden wird haben das weise Volk, welches übriggeblieben ist, 385 [und] welches das Elend gekostet hat, auf daß es nachmals erfreut werde.

386 Ihr Muttermörder, hört auf mit eurer Frechheit und der Böses beginnenden Verwegenheit: 387 die ihr euch vor Alters das Beilager mit Knaben unkeusch verschafftet 388 und in Häusern als Huren hinstelltet die [Mädchen], die vormals rein waren, 389 mit beschimpfender Wollust und Pein und mühevoller Schande. 390 Denn in dir[3] hat sich frevelhaft die Mutter mit dem Sohne vermischt, 391 und die Tochter mit ihrem Erzeuger sich als Braut verbunden; 392 in dir haben auch Könige den unseligen Mund ’besudelt‘[4], 393 in dir haben schlechte Männer gar Beilager mit Tieren erfunden. 394 Schweige still, jammervolle, böse Stadt, die du in lärmendem Jubel lebst! 395 Denn nicht mehr werden ’bei dir mit dem‘[5] gern nährenden Holze 396 die jungfräulichen Mädchen das heilige Feuer ’behüten‘[6]: 397 ausgelöscht ist von dir[7] das vor Alters ersehnte Haus, 398 als ich zum zweiten Male das Haus niederwerfen sah, 399 vornüber, mit Feuer durchglüht durch unheilige Hand, 400 das Haus, das immer blühte, den Gott bewahrenden Tempel, 401 von Heiligen[8] geschaffen, und der da immer unvergänglich war, 402...[9]. 403 Denn nicht gedankenlos lobt [dies Volk?] einen Gott aus unscheinbarer Erde, 404 noch hat einen Stein ein kluger Künstler bei diesen gebildet; 405 nicht Gold hat es verehrt, den Betrug ’der Welt‘[10] und der Seelen, 406 sondern den Gott, den großen Erzeuger aller Gottbegeisterten, 407 verehrten sie mit Opfern und heiligen Hekatomben. 408 Jetzt aber ist hinaufgestiegen ein unberühmter und unheiliger König 409 und hat diese [Stadt] zu Boden geworfen und unbebaut gelassen, 410 mit großer Menge und mit ruhmvollen Männern. 411 Er selbst aber kam um ...[11], indem er das unsterbliche Land betrat, 412 und nicht mehr war[12] ein solches Zeichen für die Menschen, 413 so daß andere die große Stadt zerstört zu haben schienen.

414 Denn es kam von dem Himmelsgewölbe ein seliger Mann, 415 das Scepter in den Händen tragend, welches ihm Gott verliehen, 416 und brachte alles schön in seine Gewalt und gab zurück allen 417 Guten den Reichtum, den die früheren Männer [ihnen] genommen hattet. 418 Alle Städte nahm er von Grund auf ein mit vielem Feuer 419 und verbrannte die Volksgemeinden der vorher Böses beginnenden Sterblichen; 420 und die Stadt, nach welcher Gott Verlangen trug, die machte er 421 glänzender als die Sterne und die Sonne und den Mond, 422 und Schmuck legte er [darin] nieder und machte ein heiliges ’Haus‘[13], 423 ein im Fleische vorhandenes, ...[14], wunderschönes, und bildete 424 viele Stadien weit[15] einen großen und unendlichen


  1. Opsopoeus; Hdschr. „derselben“ (d. i. der Erde, und zu Ebene gehörig).
  2. Andere LA. „wiederum“.
  3. Daß Rom gemeint ist, zeigt sich V. 395.
  4. Castalio; Hdschr. sinnlos oder unmetrisch.
  5. Vermutung Alex.s; Hdschr. „von dir ...“.
  6. Opsopoeus; Hdschr. „finden“. Die Beziehung auf den Vestatempel, der i. J. 64 unter Nero abbrannte, ist deutlich.
  7. Oder (mit leichter Änderung, vgl. 395) „bei dir“, wonach auch dies auf den T. der Vesta geht.
  8. Oder „aus Heiligem“ (Neutr.).
  9. Hdschr. „erhofft (Part. Präs.) aus der Seele und dem Körper selbst“.
  10. Castalio; Hdschr. „(und) der Schmuck“ („und“ vor „der Seelen“ fehlt in einem Teile der Hdschr.).
  11. Hdschr. „das Festland“ (nach Bleek, indem er „das Festl. der unsterblichen Erde betr.“).
  12. Oder „war er“. Man erwartet eher den Sinn: „nicht mehr war eine Spur von ihm bei d. M.“.
  13. Castalio und ähnlich Rzach; fehlt in den Hdschr.
  14. Hdschr. „schönes“ („reines“ Konj. von Rzach).
  15. Oder „hoch“.
Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Blass (Übersetzer): Die Sibyllinen. Tübingen: Mohr Siebeck, 1900, Seite 214. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:DieSibyllinenGermanBlassKautzsch2.djvu/38&oldid=- (Version vom 31.7.2018)