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Jäher Todessturz am Fels zerschmettert,
Oder tief in die tiefe See hinabtaucht.

Namenloser Schmerz ergriff den Vater,
Namenloser Schmerz das ganze Bagdad:

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Schnell zur Trauer sank das Fest zusammen,

Wie zur Asche sinkt ein Jubelfeuer,
Das von Fischern am Johannisabend
Aufgeschichtet ward aus alten Scheitern,
Die das Meer am sandigen Ufer auswarf.

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Eingekerkert ward sogleich der Neger,

Ausgesendet wurde Bot’ um Bote
Gegen Nord und Ost und Süd und Abend;
Keine Kunde kam und kein Amin kam:
Tiefe Schwermut, immer tiefer nährte

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Harun Alraschid, der Sohn Mohadi’s.


Doch zum Bruder eines Morgens sagte,
Bei der Hand ihn zärtlich fassend, Assad:
Vielgeliebter, durch dieselbe Mutter
Mir Verwandter, meines Auges Apfel!

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Thatenlos nicht länger, als Beschauer,

Mag ich ansehn unsers Vaters Leiden,
Dem ich schadenfroh vielleicht erscheine,
Weil die Flucht des ältern Sohns dem Throne
Näher bringt mich selbst. Ich will davonziehn,

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Ihn, und wär’s am fernen Sonnenaufgang,

Wär’s am Sonnenuntergang, zu suchen;
Sollt’ ich nichts als seine Leiche finden,
Laß beerdigen mich des Bruders Asche!

Ihm erwiedert Assur: Süßer Assad!

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Glaubst du denn, ich könnte je die Seele

Vom Gespielen meiner Jugend scheiden?
Laß zusammen uns im Land umherspähn!
Traurig ist es, durch die Welt verlassen,

Empfohlene Zitierweise:
August Graf von Platen: Die Abbassiden. J. G. Cotta, Stuttgart und Tübingen 1847, Seite 10. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Abassiden_(Platen).pdf/10&oldid=- (Version vom 31.7.2018)