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Vorwort zur 8. Auflage
(im Auszug).

– – Wie sehr nicht nur die Sprachreinigungs-Bewegung überhaupt, sondern auch die dafür entfaltete Tätigkeit unsers Vereins jetzt von den maßgebenden Kreisen beachtet und anerkannt wird, das offenbart sich ganz besonders durch die bei verschiedenen neueren Gesetzeswerken vom Verein auf Ersuchen der zuständigen deutschen Reichsämter geleistete sprachliche Mitarbeit. – –

Mögen auch – – die namhaften rechts- und staatswissenschaftlichen Schriftsteller weiter vorbildlich und ermahnend für unsere gute Sache wirken, – – z. B. durch sorgfältige Ausscheidung der entbehrlichen Fremdwörter bei Neuauflegung ihrer Lehrbücher. Hat doch selbst ein Gustav Freytag bei seinen Schriften dies zu tun nicht verschmäht. – –

Betont sei auch hier, daß manche Verdeutschungen zunächst nur als Vorschläge für den Gesetzgeber und die höheren Amtsstellen aufzufassen, also nicht ohne weiteres im dienstlichen Verkehre selbst verwendbar sind. Doch braucht bei der Entschließung hierüber nicht gar zu engherzig verfahren zu werden; denn die Gesetze selbst sind bei der Zulassung von Verdeutschungen nicht gleichmäßig. Der Gesichtspunkt, daß durch eine Verdeutschung keine Rechtszweifel entstehen dürfen, reicht hier aus. Vor allen Dingen sollen aber nicht an Stelle neuerer gesetzlicher deutscher Wörter Fremdwörter sich einnisten oder beibehalten werden. Verfehlt ist auch der Standpunkt der Übergenauigkeit, auf Grund dessen vielfach Rechtsschriftsteller und Richter bei der Wiedergabe von Entscheidungen der Gerichtshöfe und von Parteiauslassungen oder wissenschaftlichen Ansichten ängstlich darauf bedacht sind, auch deren sprachliche Unebenheiten wörtlich zu wiederholen. Man sollte im Gegenteil dergleichen kurzerhand (natürlich unter Beobachtung sachlicher Vorsicht) verbessern, und zwar in Bezug auf Sprachrichtigkeit und Sprachschönheit[1] wie auf Fremdwortverdeutschung, es sei denn, daß man wirklich


  1. Hierzu ist aufmerksam zu machen auf die Schriften: 1. Rothe: „Über den Kanzleistil“ – 2. Bruns: „Gutes Amtsdeutsch“ (2. Aufl.) – 50 Pf. – beide in Carl Heymanns Verlag zu Berlin erschienen. Letztere Schrift hat der preußische Minister des Innern empfohlen im Min.-Bl. f. d. ges. inn. Verw. 1899 S. 244. – 3. Aufsatz von Bruns: „Neues und Altes zur Sprachreinigung“ in Kürschners Jahrbuch 1902. – 4. Aufsatz von Bruns: „Sprachmängel in deutschen Urkunden“ in der Ztschr. des Deutschen Notarvereins, 1904, Heft 8. – 5. Schill: „Hundert Fehler des Amtsstils“, 1911.
Empfohlene Zitierweise:
Karl Bruns: Verdeutschungsbücher des Allgemeinen Deutschen Sprachvereins – Die Amtssprache. Verlag des Allgemeinen Deutschen Sprachvereins, Berlin 1915, Seite V. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Amtssprache.pdf/5&oldid=- (Version vom 24.6.2017)