Seite:Die Behandlung der Kolonisten in der Provinz St. Paulo in Brasilien und deren Erhebung gegen ihre Bedrucker.pdf/115

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Wahrheit nicht offenkundig wurde. Man hat nämlich gefährlich scheinende Korrespondenten überwacht, das Brief- und Postgeheimniß schmählich übertreten und wahre Beschreibungen zu vernichten gesucht. Ich selbst wurde, nachdem ich einen möglichst getreuen Bericht geschrieben hatte, hinsichtlich meiner weitern Korrespondez unter Aufsicht (polizeiliche Aufsicht sagte der Direktor) gestellt; selber erhielt ich einen ganz aufgerissenen Brief, ebenso einen zweiten, der äußerlich in Ordnung, innerlich aber voll Risse und Falten war, und einen dritten, der wenigstens bis in die Hände des Boten der Fazenda Ybicaba gelangte (sicherlich kam er auch bis auf die Fazenda), erhielt ich gar nicht. Dafür, daß der erste Brief vom Unterdirektor H. Schmid vor dem Oberdirektor Jonas vorsätzlich aufgerissen, und daß der dritte bis in die Hände des Fazenda-Boten gekommen sei, waren Zeugen vorhanden. Ich habe auch selbst einen Schein zweier Kolonisten gesehen, in welchem sie bezeugten, von einem Angestellten des Hauses Vergueiro in Santos gehört zu haben, daß sie (die Angestellten) dort zuweilen ganze Nächte durch Briefe von Kolonisten lesen müssen; eine Frau bezeugte ebenfalls schriftlich, daß Herr Joze Vergueiro, durch den sie einen nach Haus gerichteten, geschlossenen Brief befördern lassen wollte[1], denselben aufgerissen, gelesen und dann zerrissen habe. Für diese Behauptung wollte die Frau einen Zeugen stellen, der aber jetzt nicht mehr in Ybicaba wohnt. Ich zweifle nicht im geringsten an der Wahrheit dieser Aussagen; doch will ich sie nicht als erwiesene Thatsachen hinstellen. Das aber ist jedenfalls richtig, daß gut lautende Briefe oder solche, welche nur Einzelheiten tadelten, das Uebrige aber lobten, viel sicherer und richtiger heim kamen, als die andern. Um noch mehr Beweise zu geben, so hat ein älterer Kolonist, der einen ziemlich richtigen Brief schrieb, deßwegen bedeutende Zeit hernach einen Verweis erhalten, worauf er durch


  1. Die meisten Kolonisten wußten früher ihre Briefe nicht anders zu versenden, als durch ihren Herrn oder Direktor.