Seite:Die Behandlung der Kolonisten in der Provinz St. Paulo in Brasilien und deren Erhebung gegen ihre Bedrucker.pdf/123

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endlich die Kaffeeernte zu Ende war, lag es den Kolonisten mehr daran, ihre Mais- und sonstigen Pflanzungen zu bearbeiten und dadurch die Zahl der Fassungen von theuern Lebensmitteln zu verkleinern, als die Kaffeepflanzungen, von welchen sie sahen, daß sie ihnen für das folgende Jahr 1857 in jedem Falle fast keinen Ertrag bringen werden, durchzuhacken. Ueberdies war die Kolonie Ybicaba zu der Zeit, als das Durchhacken der Kaffeebäume statthaben sollte, in der größten Aufregung und kamen gerade damals auch, wie später noch gesagt werden wird, viele Deputationen von andern Kolonien mit ihren Wünschen, Bitten und Anerbietungen nach Ybicaba, wodurch die Arbeiten auf dieser Kolonie nicht wenig aufgehalten, die genannten Laster aber befördert wurden. Dieses waren wichtige Gründe, warum die Zustände in Ybicaba zur Zeit der Untersuchung schlimmer, als gewöhnlich waren. Doch mit diesem Allem will ich das Thun und Treiben mancher Kolonisten durchaus nicht in Schutz nehmen; ich weiß und sage selbst, daß es in mancher Hinsicht ein sehr tadelnswerthes und sündliches Leben ist. Eben so richtig kann ich aber auch sagen, daß ein großer Theil der Kolonisten sehr fleißig und ordentlich ist, und zwar kann dieses auch noch von Etlichen gesagt werden, die früher in Europa der Liederlichkeit fröhnten. Die Meinung (Bewußtsein darf ich nicht sagen), daß sie nicht mehr unter alle ihre Nebenmenschen erniedrigt, sondern denselben gleich gestellt seien, hat an ihnen einen bessernden Einfluß ausgeübt, und ich bin durch diese Wahrnehmung zu der Ueberzeugung gelangt, daß manchen armen und verkommenen Leuten in Europa am besten aufgeholfen würde, wenn sie sähen, daß sie nicht fast von Allen von oben herab angeschaut und behandelt werden, daß man ihnen im Gegentheil mit demüthigem, liebendem, hingebendem und aufhelfendem Sinne nachgehe, sie gleichsam ebenbürtig zu machen suche, und wenn man die Armenversorgung so einrichtete, daß dem Armen seine Arbeit gut bezahlt würde und er so die Aussicht erhielte, daß Fleiß und Sparsamkeit ihm zu einer ehrlichen Existenz bringen können. Dieses