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läßt, trägt sie eine doppelte Perlenschnur, und selbst noch große Perlen, im Schlosse des goldgestickten Obergewandes, welches um ihren Nacken sich mit seinem kleinen, weißgefütterten Kragen umschlägt. In ihr erscheint uns das schmerzensvolle Verhängniß des Unterganges der florentinischen Herrlichkeit vor der hereinbrechenden neuen Zeit verleiblicht.




Durch Raphael hatte der wiedergeborene altebräische, spirituelle Geist des Christenthums die schöne Form des Heidenthums überstiegen; wie er sich dadurch von selbst aus ihr erlöste, so suchte sich auch wieder von ihm das sensuelle Leben zu befreien. Raphael’s großer Schüler

Giulio (Pippi) Romano

versuchte diese Befreiung in überschwellender Sinnlichkeit; dieses Bestreben tritt schon deutlich genug hervor in einem seiner beßten Bilder:

Maria mit dem Waschbecken.

Es ist ein Kniestück. Ein vollsaftiger Knabe steht, von seiner Mutter gehalten, im Wasserbecken auf dem Tische, ein anderer Knabe, meinetwegen Johannes, gießt ihm Wasser aus einer Kanne auf den Leib. Die alten Aeltern der jungen Mutter und der Vater des Kindes stehen dabei. So weltlich muß man dieses

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Julius Mosen: Die Dresdener Gemälde-Galerie. Arnoldische Buchhandlung, Dresden und Leipzig 1844, Seite 12. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Dresdener_Gem%C3%A4lde-Galerie_(Mosen).pdf/22&oldid=- (Version vom 31.7.2018)