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Er dient hier in seiner Kleidung und mit seinem braunen Gesichte und häßlichen Profil nur zum Gegensatze der unbekleideten Schönheit. Aus der Gegenwart dieses bekleideten jungen Cavaliers will man beweisen, daß hier nicht an eine Venus, sondern nur an ein Portrait zu denken sei. Man vergißt aber dabei, daß dem Meister es nur darauf ankommen konnte, durch den Contrast die Schönheit der unverhüllten Glieder noch siegender hervorzuheben. Das Ideal weiblicher Schönheit war selbst noch im Mittelalter die im Venusberge hausende Frau Venus, vor welcher der Tannhäuser immerhin die Zither spielen konnte, wie in diesem Bilde.

Tizian hat durch die Gegenwart des Zitherspielers noch eine feinere Wirkung hervorgebracht, selbst wenn er sie nicht beabsichtigt hätte. Man sieht die unverhüllte Schönheit des Weibes nicht ohne einen Zeugen. Dieser aber muß ihr den Rücken zukehren und sich mit dem Lautespiel beschäftigen; er muß nach Noten musiciren. Dadurch wird die Stimmung, mit welcher man die höchste sinnliche Schönheit betrachtet, von der Begierde gereinigt, welche in der Heimlichkeit sich entzündet.

Es ist Mittag, und die Sonne glüht heiß. Die Berge der Landschaft, auf welche wir aus dem Bilde hinausblicken, glühen in der Sonne, und die Bäume und Büsche werfen tiefdunkle Schatten. Es führt ein Weg

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Julius Mosen: Die Dresdener Gemälde-Galerie. Arnoldische Buchhandlung, Dresden und Leipzig 1844, Seite 39. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Dresdener_Gem%C3%A4lde-Galerie_(Mosen).pdf/49&oldid=- (Version vom 31.7.2018)