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Anonym: Edda

23
Da sah man von Stränden   und Stafnesnes

Die Schiffe gesegelt,   die goldgeschmückten.
Helgi fragte   den Hiörleif alsbald:
„Hast du erkundet   der Kühnen Zahl?“

24
Aber der Königssohn   sagte dem andern:

„Schwer,“ sprach er, „hält es,   von der Schnabelspitze
Die langen Schiffe,   die Segler, zu zählen,
Die da außen   in Örwasund fahren.

25
„Zwölfhundert zählst du   Zuverläßiger:

Doch harrt in Hatun   noch halbmal mehr
Der Scharen des Königs:   der Schlacht gedenk ich nun.“

26
Da warf der Steurer   die Stevenzelte nieder,

Der Männer Menge   damit zu erwecken,
Daß die Fürsten sähen   den scheinenden Tag.
An die Segelstangen   schnürten die Helden
Das knisternde Gewebe   bei Warins Bucht.

27
Die Ruder ächzten,   das Eisen klang,

Schild scholl an Schild,   die Seehelden ruderten.
Unter den Edlingen   eilend ging
Des Fürsten Flotte   den Landen fern.

28
So wars zu hören,   da hart sich stießen

Die kühlen Wellen   und die langen Kiele
Als ob Berg oder Brandung   brechen wollten.

29
Helgi hieß   das Hochsegel aufziehn,

Als wider Wogen   da Woge schlug
Und die tobende   Tochter Ögirs
Die starren Rosse   zu stürzen gedachte.

30
Aber Sigrun kam   kühn aus den Wolken

Und schützte sie selber   und ihre Schiffe.
Kräftig riß sich   der Ran aus der Hand
Des Königs Langschiff   bei Gnipalundr.

Empfohlene Zitierweise:
Karl Simrock (Hrsg.): Die Edda, die ältere und jüngere, nebst den mythischen Erzählungen der Skalda, 6. Aufl., Stuttgart 1876, Seite 145. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Edda_(1876).djvu/153&oldid=- (Version vom 31.7.2018)