Anonym: Edda | |
|
Dir vor den Augen den Atli erschlügen,
Daß du sähst an dem Bruder blutige Wunden,
Quellende Wunden du könntest verbinden.“
„Wer reizt dich, Gunnar? gerochen hast du dich.
Den Atli ängstet deine Abgunst nicht:
Er wird am längsten leben von euch beiden
Und immer mehr vermögen als du.
Wie rasch ihr euch, Recken, beriethet zur That.
Alljung saß ich und ohne Sorgen
Mit herlicher Habe im Hause des Bruders.
Als ihr Söhne Giukis uns erschient im Hof,
Auf Hengsten ihr drei Herscher der Völker;
Wahrlich mir frommte wenig die Fahrt!
Der mit Golde saß auf Granis Rücken.
Nicht war er euch an den Augen gleich,
Nicht von Antlitz in Einem Stücke,
Obwohl Volkskönige euch wähnet auch Ihr.
Er gebe die Hälfte der Habe mir nicht,
Der Macht noch des Goldes, vermählt denn wär ich.
Auch würde mir nichts des erworbenen Guts,
Das schon der Vater früh mir schenkte,
Des Goldes und Gutes, das er gab dem Kind.
Ob ich fechten sollte und Männer fällen
In blanker Brünne um des Bruders Unglimpf.
Das hätte das Volk erfahren mit Schrecken,
Manchem Mann hätt es den Muth beschwert.
Doch hätt ich lieber den Hort genommen,
Karl Simrock (Hrsg.): Die Edda, die ältere und jüngere, nebst den mythischen Erzählungen der Skalda, 6. Aufl., Stuttgart 1876, Seite 196. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Edda_(1876).djvu/204&oldid=- (Version vom 31.7.2018)