Anonym: Edda | |
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Die rothen Spangen von Sigmunds Erben.
Nicht mocht ich eines andern Mannes Schätze:
Den Einen liebt’ ich, nicht Andre mehr;
Die Maid war nicht wankel- müthigen Sinns.)
Hört er von meinem mordlichen Tod.
Denn wie soll ein edel geartetes Weib
Das Leben führen mit fremdem Manne?
Da wird mir bald gebüßt das Leid.“
Und schlang die Hände um den Hals der Frau.
Sie gingen alle und einzeln ein jeder
Aufrichtigen Herzens ihr abzuwehren.
Ließ sich Niemand verleiden den langen Gang.
„Es sollen zusammen in den Saal gehn die Männer,
Deine mit meinen — uns drängt die Noth —
Ob sie wehren mögen dem Mord der Frau
Eh es vom Sprechen zu Schlimmerm kommt;
Mag hernach geschehen was muß und kann.“
„Verleid ihr Niemand den langen Gang
Und werde sie nimmer wiedergeboren!
Sie kam schon krank vor die Kniee der Mutter;
Zu allem Bösen geboren ist sie uns,
Manchem Manne zu trübem Muthe!“
Wo die Schmuckreiche die Schätze vertheilte.
Da standen sie alle um ihre Habe,
Bedürftige Dirnen und Dienstweiber.
Da sie sich durchstach mit des Stahles Schärfe.
Mit Einer Seite sank sie aufs Polster;
Die dolchdurchdrungene dacht auf Rath:
Karl Simrock (Hrsg.): Die Edda, die ältere und jüngere, nebst den mythischen Erzählungen der Skalda, 6. Aufl., Stuttgart 1876, Seite 197. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Edda_(1876).djvu/205&oldid=- (Version vom 31.7.2018)